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11.04.2016

In der Erziehung den Eltern beistehen

30 Jahre Erziehungsbeistandschaften im Landkreis Würzburg

„Das anfängliche Projekt ist heute den Kinderschuhen entwachsen und ein fester, nicht wegzudenkender Baustein in der Jugendhilfelandschaft im Landkreis Würzburg“, sagte Landrat Eberhard Nuß in der Jugendhilfeausschusssitzung über die Erziehungsbeistandschaften, eine aufsuchende Form der Unterstützung für Kinder, Jugendliche und deren Eltern, die mittlerweile auch im Kinder- und Jugendhilfegesetz fest verankert ist.

„Das Prinzip ist einfach: Eine neutrale pädagogisch versierte Person betreut vor Ort in Familien in den Landkreisgemeinden ein bis drei Mal die Woche Kinder und Jugendliche, die vom Allgemeinen Sozialdienst des Kreisjugendamtes diese Hilfe bewilligt bekommen“, erläutert Hermann Gabel, der Leiter des Amtes für Jugend und Familie. „Dabei wird die Hilfe mit konkreten Zielen in einem Hilfeplan mit den Beteiligten festgelegt“.

Meist sind es stressbelastete Erziehungssituation im Familienalltag, in der Pubertät, Schulprobleme, die ihre Ursache im außerschulischen Bereich haben, Aggressionen aber auch Depressionen bis zu Vernachlässigungssituationen von Kleinkindern, die der Grund für die Einleitung einer Hilfe sein können. Die Fachkräfte des Jugendamtes wählen diese Hilfeform als eine von vielen, nach gründlicher Diagnostik, Bewertung und Falleinschätzung auf Antrag der Sorgeberechtigten aus und begleiten den Hilfeprozess. Die Hilfe ist durchschnittlich auf ein bis zwei Jahre angelegt und freiwillig.

Daneben gibt es noch – die eher unfreiwillige – Betreuungshilfe, die von Jugendrichtern für ca. sechs Monate als Weisung auferlegt werden kann. Wer dem nicht nachkommt, kann sogar in den Jugendarrest kommen. Das kommt aber eher selten vor.

Die Helfer vor Ort sind entweder professionelle Fachkräfte aus dem Team Ambulante Hilfen des Jugendamtes oder freier Träger. Für geeignete Fälle werden aber auch (Sozial-)Pädagoginnen in der Elternzeit oder in Teilzeit oder pädagogisch versierte Studenten als nebenamtliche Erziehungsbeistände für die Hilfeform eingesetzt.

Seit 30 Jahren besteht nun dieses immer weiter entwickelte Hilfekonzept, das, wenn nötig, auch von zwei Betreuerinnen durchgeführt wird. Die Hilfe ist eingebunden in das Netz anderer Institutionen und Hilfen von fachärztlicher, therapeutischer, schulischer oder freizeitpädagogischer Seite. Die Hilfe beinhaltet auch Elternarbeit und kann z.B. mit einer Erziehungsberatung verknüpft sein.

Dazu Hermann Gabel: „ Die Methodik ist – je nach Alter – handlungsorientiert, das heißt über ein aktives Tun wird ein vertrauter Kontakt zu den Kindern bzw. Jugendlichen aufgebaut, um dann über diese Strategie, z.B. Erlebnispädagogik‚ an das Kind mit seinen Problemen heranzukommen. Bei alleine gesprächsorientierten Inhalten würden junge Menschen oft schnell auf Durchzug schalten und das Gespräch als ‚bloßes Gelaber‘ abtun. Der handlungsorientierte Ansatz – auch in Kleingruppen – fordert die Kinder und Jugendlichen und führt rascher zu einer Problemeinsicht und damit gekoppelten Verhaltensänderung.“

Im Jahr 2015 führte das Jugendamt des Landkreises Würzburg 138 Erziehungs-beistandschaften durch. Die Geschlechterverteilung ist ca. 50:50.
Die nebenamtlichen Erziehungsbeistände erhalten eine Aufwandspauschale, Fahrtkostenersatz und kostenfreie Fortbildungsangebote. Die Erziehungsbeistände werden in allen 52 Gemeinden, je nach Bedarf mit durchschnittlich ca. fünf Wochenstunden, eingesetzt. Sie sollten also mobil sein.

Zwei langjährig erfahrene nebenamtliche Erziehungsbeistände wurden von Landrat Eberhard Nuß stellvertretend geehrt:

Carmen Scheller, Sozialpädagogin und derzeit im heimischen Familienmanagement tätig, betreute seit 1997, als seit 19 Jahren, insgesamt 19 Minderjährige, vorzugsweise kleinere Kinder im Rahmen der Jugendhilfe.

Christoph Stockheimer, ebenfalls Sozialpädagoge, betreute seit 1998, als seit 18 Jahren, insgesamt 26 Minderjährige, vorwiegend männlichen Geschlechts. Christoph Stockheimer konnte wegen Urlaubs der Ehrung und Urkundenüberreichung durch den Landrat leider nicht beiwohnen.

Das Kreisjugendamt sucht immer wieder nebenamtliche Erziehungsbeistände, die pädagogische Grunderfahrung besitzen müssen. Nähere Informationen unter E-Mail ambulantehilfen@lra-wue.bayern.de beim Amt für Jugend und Familie, Lisa Elsner. Den Flyer dazu gibt es auf www.kreisjugendamt-wuerzburg.de