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06.10.2015

Perspektiven für junge Flüchtlinge

Neuer Kooperationskreis im Landkreis

„Die Integration junger Flüchtlinge in schulischer, beruflicher und sozialer Hinsicht stellt eine immense Herausforderung dar, die nicht nur alleine die Jugendhilfe bewältigen kann“. So eröffnete Kreisjugendamtsleiter Hermann Gabel die 1. Sitzung des neuen Kooperationskreis mit dem Titel „Perspektiven für junge Flüchtlinge“ im Landratsamt. Der Kreis wurde auf Initiative des Jugendhilfeausschusses und Landrat Eberhard Nuß eingerichtet, um Fachleute verschiedener Professionen für diese Querschnittsausgabe an einen Tisch zu bringen.
Fragen über Fragen um das Thema Flüchtlingsarbeit im Allgemeinen und Jugendhilfeschnittstellen im Speziellen sind zu klären und praktische Lösungen in diesem Neuland zwischen den Institutionen zu erarbeiten. Der Einladung folgten auch ca. 30 Experten von (Berufs-)Schulen, Jugendarbeit, Betreuungseinrichtungen, Handwerkskammer für Unterfranken (HWK) , Industrie- und Handelskammer (IHK), Agentur für Arbeit, Jobcenter, Ausländer- und Asylbehörde, Jugendamt, Kommunalpolitik und Gleichstellungsstelle.
Nach Situationsbeschreibungen aus den verschiedenen Bereichen wurden gemeinsam Brennpunkte identifiziert und Forderungen für eine bessere Integration von jungen begleiteten und unbegleiteten Flüchtlingen formuliert.

Sprache als Schlüssel zu Bildung und Integration

So muss unbedingt das Angebot der Alphabetisierungs- und Sprachkurse (auch in die Landkreisfläche) ausgedehnt werden und dafür Mittel zur Verfügung gestellt werden, weil Sprache der Schlüssel zu Bildung und somit zur Integration ist. Diese Schlüsselqualifikation ist auch wichtig, um die Berufsschule zu bewältigen und die Fachsprache in einer Ausbildung zu verstehen.
Viele junge Flüchtlinge kommen aus arabischen Ländern, wo die Schreibrichtung von rechts nach links und die Schriftzeichen arabisch sind. Die Umgewöhnung auf das hiesige Sprach- und Schriftsystem erlernen jedoch die meisten jungen Männer und Frauen recht schnell.
Eine weitere Forderung der schulischen Seite, aber auch der Jugendhilfeträger, die Betreuung, Wohnen und Erziehung verantworten, ist eine verlässliche Sicherstellung einer Tagesstruktur. Dazu gehört der Zugang zu Schul- und Berufsschulplätzen (so genannte Übergangsklassen und BaF-Klassen), die es im Landkreis Würzburg leider immer noch zu wenig gibt. Hier sind der Freistaat Bayern und die Regierung von Unterfranken gefordert.

Auch bei Volljährigkeit soziale und schulische Bindungen erhalten

Die Betreuungspflicht des Jugendamtes für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge nach dem Haager Minderjährigenschutzabkommen endet mit der Vollendung des 18. Lebensjahres. Derzeit müssen die jungen Menschen dann oft aus den stationären Jugendhilfeeinrichtungen in dezentrale Unterkünfte oder Gemeinschaftsunterkünfte umziehen. Es besteht jedoch die Möglichkeit einer ambulanten Weiterbetreuung bei vorhandenem Jugendhilfebedarf. Insbesondere Kreis- und Bezirksrätin Elisabeth Schäfer forderte, dass bei der Verteilung in Gemeinschaftsunterkünfte durch die Regierung von Unterfranken Rücksicht drauf genommen wird, dass die jungen Leute regional, ohne Verlust ihrer schulischen und sozialen Bindungen, die sie aufgebaut haben, untergebracht werden.
Das Resümee der Teilnehmer des ersten interdisziplinären Kooperationskreises war äußerst positiv, da hier das ganze Spektrum der Institutionen zusammenkommt, die sich mit der Thematik und Herausforderung beschäftigen. Ein weiteres Treffen wurde schon für Ende November 2015 vereinbart, um die Auswirkungen der neuesten Gesetzesänderungen auf die lokale Ebene im Landkreis auszuwerten.
So soll es zeitnah auch zu einer bundesweiten Verteilung der unbegleiteten Minderjährigen kommen, wie schon bei den Erwachsenen, was sich allerdings wohl erst im Frühjahr/Frühsommer 2016 auf die zahlenmäßige Entwicklung auswirken wird.

Derzeit 125 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Landkreis Würzburg

Das Jugendamt des Landkreises hat seit November 2014 eine komplett neue Infrastruktur im Bereich Betreuung und Erziehung gemeinsam mit freien Trägern aufgebaut und betreut derzeit 125 junge Flüchtlinge – Tendenz: steigend.
Die Ergebnisse des Kooperationskreises „Junge Flüchtlinge“ werden auch in den Entscheidungen des Jugendhilfeausschusses und damit in der Kreispolitik ihren Niederschlag finden.