Seiteninhalt

07.09.2015

Protestierende Flüchtlinge fürchten um die Sicherheit ihrer Familien

Protest nicht gegen Turnhalle, sondern wegen Ungewissheit

Margetshöchheim. Bei der Verlegung von 23 Asylbewerbern aus Kirchheim in die neue Notunterkunft des Landkreises in Margetshöchheim gab es am Samstagvormittag unerwartete Proteste einiger Flüchtlinge. Während eine afghanische Familie gleich die Schulturnhalle eingezogen war, weigerten sich 14 syrische Flüchtlinge, in die Turnhalle zu gehen. Sie wollten mit dieser Geste dagegen protestieren, dass sie noch immer keine Papiere erhalten haben, andere Asylbewerber, die zeitgleich mit ihnen eingetroffen seien, aber schon. Nach vielen Gespräch mit den Bürgermeistern von Kirchheim und Margetshöchheim, Björn Jungbauer und Waldemar Brohm, sowie mit Paul Justice vom Landratsamt Würzburg und stellvertretender Landrätin Christine Haupt-Kreutzer bezogen die 14 Syrer dann am Samstagabend gegen 20.30 Uhr doch noch die Turnhalle und die ihnen zugewiesenen Feldbetten.

Versprochen hatte man ihnen am Samstagabend, dass am Montag Mitarbeiter des Landratsamtes zu ihnen kommen würden, um ihre Anliegen in Ruhe anzuhören und nach Lösungen zu suchen. Am Montagnachmittag waren stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer sowie Paul Justice, Verantwortlicher für die Notunterkünfte im Landkreis Würzburg, in Margetshöchheim und sprachen mit den 14 Syrern. „Es wurde sehr deutlich, dass die Männer sehr dankbar sind für die Gastfreundschaft, die sie in Kirchheim und nun auch in Margetshöchheim erfahren“, betonte Justice anschließend. Es ginge den Flüchtlingen überhaupt nicht darum, dass sie gegen die erneute Unterbringung in einer Turnhalle protestieren wollen. Vielmehr drückten sie aus, dass sie offensichtlich falsche Erwartungen hegten, was die Bearbeitungsdauer ihrer Asylanträge angeht. „Wir sind alle den Todesweg gegangen“, sagte der Sprecher der Gruppe, „und hofften auf eine baldige Legitimation hier in Deutschland. Wir wollen als Asylbewerber anerkannt sein, damit manche von uns ihre Familien nachholen können, die noch immer in großer Lebensgefahr in Syrien leben müssen.“ Einige der Syrer sind ausgebildete Ingenieure oder Studenten, die hofften, hier möglichst bald arbeiten oder weiter studieren zu können. Nach sechs Wochen in Kirchheim, in denen die Bearbeitung ihres Asylantrags nicht vorangegangen war, liegen die Nerven der Männer offenbar blank.

Da nicht das Landratsamt, sondern das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig ist, konnte stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer nichts Konkretes versprechen. „Ich kann die Frustration der Flüchtlinge und ihre Ängste sehr gut verstehen, aber wir hier vor Ort können leider nichts am Asylverfahren ändern“, erklärte Haupt-Kreutzer. Sie hat den Syrern jedoch verbindlich zugesagt, ihre Anliegen an die Regierung weiterzugeben und auf eine baldige Bearbeitung zu drängen.

Laut Paul Justice haben nach dem Gespräch etwa 15 Personen – seit Sonntagabend sind weitere 56 Flüchtlinge in der Turnhalle untergebracht – ihre Koffer gepackt und sind vor die Schulturnhalle gezogen. Wie sie sich weiter verhalten werden, ist derzeit ungewiss.

Von den 56 am Sonntagabend über München in Margetshöchheim eingetroffenen Asylbewerbern wird laut Informationen der Regierung von Unterfranken etwa ein Drittel der Menschen in andere Bundesländer verlegt. Die noch völlig von ihrer Flucht erschöpften Menschen zeigen gegenüber den Helfern in Margetshöchheim große Dankbarkeit und Erleichterung, dass sie nun in Sicherheit sind.

Die nächstmögliche Notunterkunft des Landkreises Würzburg ist die Maintalhalle in Zell, die nach gegenwärtigem Sachstand wohl erst am Freitag bezugsfertig sein wird.