Seiteninhalt

24.05.2017

Treffen der Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe im Landratsamt Würzburg

„Eines ist klar: Ohne Sie hätten wir die Betreuung und Versorgung der Menschen, die in den letzten Jahren zu uns geflüchtet sind, niemals geschafft!“ Mit dieser Aussage stellte Landrat Eberhard Nuß die Bedeutung der rund 400 Frauen und Männer heraus, die derzeit im Landkreis Würzburg als Ehrenamtliche in der Flüchtlingshilfe tätig sind. Sie sind in 30 Helferkreisen in den Gemeinden, in denen sich eine zentrale oder dezentrale Unterkunft für Asylbewerber befindet, organisiert.

Diesen unentbehrlichen Ehrenamtlichen sagte der Landrat mit dem Empfang im Landratsamt ein großes Dankeschön. Darüber hinaus ging es an diesem Abend um den Austausch über aktuelle Themen mit den Verantwortlichen im Landratsamt und auch untereinander. Rund 70 Helferinnen und Helfer sowie zehn Bürgermeister waren der Einladung gefolgt. Vorbereitet wurde die Veranstaltung von den Geschäftsbereichsleiterinnen Franziska Gerlach und Eva-Maria Löffler sowie der Pressestelle gemeinsam mit den beiden Ehrenamtskoordinatoren des Landkreises, Sandra Hahn und Tobias Goldmann. Die Ehrenamtskoordinatoren sind in Kooperation mit dem Landkreis über den Caritasverband für die Stadt und den Landkreis Würzburg e.V. angestellt.

In seiner Begrüßung warf Landrat Nuß einen Blick zurück bis in den November 2012, als die ersten Asylbewerber in Tückelhausen untergebracht wurden. Im Juli 2015 eröffnete das Landratsamt die ersten Notunterkünfte in Greußenheim, Kirchheim und Rimpar. Und im Landratsamt selbst entstand ein eigener Fachbereich für die Asylbetreuung sowie eine interne Arbeitsgruppe zur besseren Koordinierung der neuen Aufgaben.

Heute leben im Landkreis Würzburg rund 1.000 Personen in 48 dezentralen und zentralen Unterkünften des Landkreises und der Regierung von Unterfranken. Davon sind etwa 450 Personen anerkannte Asylsuchende und deren Familienangehörige, die nun eine eigene Wohnung suchen müssen.

Fehlende Wohnungen und zu anspruchsvolle Deutschkurse

Das Thema Wohnungssuche war auch das vorherrschende Problem, das die Helferinnen und Helfer ansprachen. Entweder sind bezahlbare Wohnungen rar oder Vermieter scheuen sich aus Unwissenheit der rechtlichen Rahmenbedingungen, an Geflüchtete zu vermieten. Hier geht fast nichts ohne persönliche Vermittlung und Fürsprache der Ehrenamtlichen. Zudem wird der Familiennachzug weitere Fragen aufwerfen. In Ochsenfurt leben immerhin bereits rund 120 der mehr als 300 Flüchtlinge in eigenen Wohnungen, konnte eine Helferin berichten. Ein gemeinsames Projekt „fit for move“ von Landratsamt und Caritas soll in Zukunft zwischen Vermietern und Wohnungssuchenden vermitteln.
Auch die Wohnsitzzuweisung oder fehlende Mobilität sind Hemmnisse - etwa wenn täglich ein Deutschkurs in Würzburg besucht werden soll. Dabei sollten die Deutschkurse weniger Grammatik, dafür mehr Sprechfertigkeit im Alltag vermitteln, forderten einige.

Weil die interne Datenweitergabe von Behörde zu Behörde aufgrund des Sozialdatenschutzes nicht möglich ist, sind viele Helfer von wiederholten Amtsgängen genervt. Und warum muss ein 15-jähriger Afghane einen Kindergeldantrag stellen, der sowieso abgelehnt wird? Es gab auch Stimmen, die betonten, ein stabiles und tragbares Verhältnis mit den Mitarbeitern des Landratsamtes entwickelt zu haben und Verständnis für beide Seiten einforderten.

Emotionale Bürde der Helfer

Schwerer als diese konkreten Anforderungen wogen fast die emotionalen Belastungen, die die Helferinnen und Helfer (mit-)tragen müssen: Die ständige Angst der Geflüchteten aus Afghanistan vor Abschiebung etwa, auch Suizidversuche ihrer Schützlinge oder Schicksalsschläge, wenn die Nachricht vom Tod eines Angehörigen eintrifft, der noch in Syrien lebte. „Wir fühlten uns auch alleingelassen von den Behörden, als wir nach dem Axt-Attentat drei Klassenkameraden des Täters betreuen mussten“, klagte eine Ehrenamtliche.

Wenn in kleinen Gemeinden wie Sonderhofen mehr als 30 Flüchtlinge leben, fühlen sich die wenigen stetigen Helfer oft überfordert. „Wir haben auch unser eigenes Leben“, meinte eine Helferin. Aber auch die Anspruchshaltung mancher Asylbewerber oder die Verselbständigung von Geflüchteten, vor allem, wenn die Familie nachkommen konnte, kann eine große Herausforderung sein, wenn sich Ehrenamtliche bisher sehr intensiv um Asylbewerber gekümmert haben. „Plötzlich nicht mehr gebraucht zu werden, wo man doch über ein Jahr lang den gesamten Alltag für jemanden organisiert hat, ist nicht einfach“, bekannte eine Helferin schmunzelnd

Engagement ist großer persönlicher Gewinn

Sehr positiv erleben viele Helfer den Kontakt innerhalb der Helferkreise: „Hier sind Freundschaften mit Leuten aus meinem Ort entstanden, mit denen ich vorher nie etwas zu tun hatte.“ Auch das gemeinsame Spielen der Kinder von Einheimischen und Neubürgern trägt zu einem selbstverständlichen Miteinander bei. Und die Begegnung mit fremden Kulturen und Menschen, die das eigene Leben bereichern.

Deshalb wünschen sich die engagierten Ehrenamtlichen in den Medien möglichst oft eine Berichterstattung über gelungene Integration, über tolerante Vermieter und zufriedene Firmenchefs. Denn positive Beispiele, Mut und Toleranz braucht es allemal, damit die Zugewanderten zu ganz normalen Nachbarn werden können.

Landrat Eberhard Nuß betonte am Ende: „Ich denke, wir sind gemeinsam auf dem richtigen Weg, um unserer mitmenschlichen Verpflichtung gerecht zu werden und um die Integration gelingen zu lassen. Dabei wird Ihr Engagement noch für eine lange Zeit unersetzlich sein – ich danke Ihnen daher hierfür und auch für Ihr Durchhaltevermögen ganz herzlich.“