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24.11.2023

Internationaler Gedenktag »Gegen Gewalt an Frauen« am Landratsamt Würzburg: Orangefarbene Schuhe erzählen tragische Schicksale

Jede dritte Frau in Deutschland hat in ihrem Leben bereits mindestens einmal Gewalt erlebt. Frauen mit Behinderung werden zwei- bis dreimal häufiger Opfer von Gewalt. Allzu oft findet der Missbrauch im Verborgenen statt. Frauen isolieren sich aus Scham, das Umfeld sieht weg. Nicht selten verdammt die Angst vor den Peinigern die Frauen zur Hilflosigkeit.

Um die vielen Facetten dieser Gewalt und die Schicksale der Opfer sichtbar zu machen, wird Jahr für Jahr am 25. November der Internationale Gedenktag „Gegen Gewalt an Frauen“ begangen. Die Gleichstellungsstelle am Landratsamt Würzburg nahm in diesem Jahr gemeinsam mit Landrat Thomas Eberth zum Auftakt einen Tag vor dem offiziellen Gedenktag den Missbrauch und die Gewalt an Frauen mit einer besonderen Symbolik in den Fokus: Im Foyer des Amtes wurden 133 Paar Frauenschuhe und einige Rollstühle in leuchtendem Orange ausgelegt. Sie stehen jeweils stellvertretend für die 133 Frauen, die im Jahr 2022 in Deutschland von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet wurden.

Die Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, Carmen Wallrapp, dankte zunächst den vielen Anwesenden, die sich mit den Opfern, den Hinterbliebenen und allen Betroffenen solidarisch zeigen. Die Veranstaltung unterstützten unter anderem Terre des Fammes, der Zonta Club Würzburg, der Zonta Club Würzburg Elektra, der Soroptimist International Club Würzburg, Vertreterinnen und Vertreter aus Kreis-, Bundes- und Landespolitik sowie Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Veitshöchheim. Schülerinnen und Schüler der Würzburger Josef-Greising-Schule hatten sich besonders eingebracht und die Schuhe und Rollstühle zuvor in orangener Signalfarbe eingefärbt.

Frauen mit Behinderung besonders betroffen

„Jede dritte Frau mit Behinderung hat in ihrem Leben sexuelle Gewalt erlebt“, informierte der Beauftragte des Landkreises für Menschen mit Behinderung, Ernst Joßberger. „Das besonders Schlimme daran ist: Die Opfer gelten in der Regel als weniger glaubwürdig, weil sexualisierte Gewalt an Behinderten nur schwer vorstellbar scheint.“ Die Gewalt an Frauen mit Behinderung wolle man in diesem Jahr daher besonders thematisieren.

„Weil täglich schreckliche Dinge passieren, braucht es solche Tage, an denen wir die Öffentlichkeit aufrütteln“, erklärte Landrat Thomas Eberth. „Diese 133 Schuh-Paare stehen für 133 Geschichten mit schrecklichem Ende und noch unzählige traurige Schicksale mehr. Das darf nicht verschwiegen werden.“ Carmen Wallrapp fügte an: „Wir können hinschauen, anstatt wegzuschauen. Wir können Zivilcourage zeigen und dafür sorgen, dass sich etwas in der Gesellschaft ändert. Es muss sich etwas ändern.“ Als weithin sichtbares Zeichen für die notwendige Veränderung wurde im Anschluss eine Flagge „Gegen Gewalt an Frauen“ vor dem Landratsamt gehisst.

Ein Betroffener und eine Künstlerin geben bewegende Einblicke

Neben der Präsentation der Symbole ließ das Team der Gleichstellungsstelle auch einen Betroffenen zu Wort kommen: Dogus Albayrak vom Verein „Tuğçe Albayrak e.V.“ berichtete in einem bewegenden Vortrag vom tragischen Tod seiner mutigen Schwester Tuğçe Albayrak. Die Lehramtsstudentin türkischer Abstammung wurde im November 2014 auf dem Parkplatz eines Schnellrestaurants in Offenbach am Main niedergeschlagen und verstarb an ihren Verletzungen, nachdem sie zwei weiblichen Jugendlichen bei einem Streit mit zwei männlichen Jugendlichen zur Hilfe geeilt war. Dogus Albayrak hat daraufhin einen Verein zur Stärkung von Zivilcourage und Gewaltprävention ins Leben gerufen.

Im Anschluss konnten die Anwesenden die Ausstellung „Unerhört – wenn uns Gewalt gegen Frauen verstummen lässt“ von der Mediendesignerin und Kulturwissenschaftlerin Lalita Diekers bewundern. Die Exponate können bis auf Weiteres im Amtsgebäude des Landratsamt Würzburg in der Zeppelinstraße 15 zu den Öffnungszeiten der Verwaltung kostenfrei besichtigt werden.