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14.03.2011

Berthold Seifert: Haushaltsrede 2011

Haushaltsrede der Republikaner im Kreistag Würzburg

 
„Wir wollen alle Tage sparen/Und brauchen alle Tage mehr“
 
Diese ständige Redewendung des Goetheschen Marschalks ist nicht nur auf den Haushalt des Landkreises Würzburg, sondern auf die meisten kommunalen Haushalte in Deutschland anwendbar. Fast zehn Milliarden Euro fehlten letztes Jahr in den Kassen von Landkreisen, Städten und Gemeinden. Die größten Löcher reißen die Sozialausgaben: 2010 mussten die Kommunen dafür über 42 Milliarden Euro aufwenden, doppelt so viel wie vor zwanzig Jahren. Die Zeche dafür zahlen die Bürger mit Gebührenerhöhungen, Leistungskürzungen und Aussetzung von notwendigen Instandsetzungsarbeiten.

Die verantwortlichen Parteien im Kreistag haben mit den Mehrheitsentscheidungen in den beiden letzten Jahrzehnten einen Schuldenberg von fast 49 Millionen € angehäuft. Dieser Schuldenberg wird auch durch die Umstellung auf die doppelte Buchführung nicht geringer. Sofern es nicht nur eine Absichtserklärung bleiben sollte, halten wir Republikaner die im „Finanzplan mit Investitionsprogramm für die Jahre 2010-2014“ in Aussicht gestellte Reduzierung des Schuldenstandes für richtig und längst überfällig. Jedoch muss davon ausgegangen werden, dass das Milliardendebakel der Bayern LB (allein 2011 neue Schulden von 810 Millionen), die Lasten aus der Finanzkrise, der Bankenrettung, der „Euro-Rettungen“ sich sicherlich direkt oder indirekt auch auf die kommunalen Haushalte auswirken werden. Unter Berücksichtigung des jetzt erweiterten Euro-Rettungs-Wahnsinns sind jedoch eher explodierende Staatsschulden ins Unkontrollierbare und der Verlust der deutschen Kreditwürdigkeit auf den Kapitalmärkten zu befürchten. Die Folgen für die kommunalen Haushalte sind sicherlich dann nicht mehr absehbar.

Es bleibt zum jetzigen Zeitpunkt der Doppik-Umstellung, ohne Eröffnungsbilanz und noch nicht abgeschlossene Vermögensbewertung, nur die Hoffnung, dass in Zukunft eine genauere Prüfung von Kosten und Aufwendungen möglich sind. Dass der Bund jetzt wohl wenigstens die Kosten für die Grundsicherung im Alter und jüngere Erwerbsunfähige übernehmen will, schafft zwar Entlastung. Aber das Grundproblem bleibt: Städte, Landkreise und Gemeinden müssen für die Folgen falscher Politik bezahlen, die sie selbst nicht mitbestimmen können – etwa die anhaltende Einwanderung in die Sozialsysteme. Gleichzeitig ziehen sich der Bund und das Land immer mehr aus der Finanzierung der Landkreise zurück. Deshalb ist eine Finanzreform überfällig: Bund, Länder und Kommunen sollen verlässliche eigene Einnahmen haben und nur für die Ausgaben aufkommen, die sie auch selbst verantworten.

Ein konsequenter, dauerhafter Schuldenabbau auf allen Ebenen ist nur durch eine mutige Politik möglich. Hierfür beispielhaft ist ein Beschluss der Senioren-Union von der Bundesdelegiertenkonferenz in Recklinghausen. Dort wurde gefordert, jüngeren Zuwandererfamilien das Kindergeld zu streichen. Dieses dürfe nur noch für Kinder ausgezahlt werden, von denen mindestens ein Elternteil vor dem 1. Januar 2000 EU-Bürger war. Ein interessanter Ansatz, der auch auf kommunaler Ebene Einsparungen bringen würde.  

Der diesjährige Anstieg des Hebesatzes der Bezirksumlage um 2,4 % wirft für uns Republikaner die schon oft hier vorgetragene Frage nach dem Sinn des Bezirkstages erneut auf. „Reformunfähig, verschwenderisch, überflüssig“, so wurde bereits 2005 in der Main-Post festgestellt. Laut dem damaligen Staatskanzleichef Erwin Huber sei am Ende des Reformprozesses die Abschaffung der Bezirke möglich. Anscheinend ist dieser Reformprozess inzwischen eingeschlafen. Das Thema sollte wieder auf die Tagesordnung! 
  
Nicht die zunehmende Zahl betagter Menschen, sondern die schrumpfende Zahl der nachwachsenden Jüngeren ist die Hauptursache der demographischen Alterung und ihrer kettenartigen Folgeprobleme. Noch nie wurden in Deutschland weniger Kinder geboren, als im Jahr 2009! Die wichtigste Chance, die man einem Kind geben kann, ist die Chance, geboren zu werden. Schwangere im Konflikt brauchen gute Beratung und echte Hilfe – keine Schein-Beratung! 97% der Abtreibungen finden nach der „Schein“-Regelung statt. 2008 waren dies offiziell 114.000 Menschenleben – das ist jährlich die Einwohnerzahl einer Stadt wie Würzburg.  In der Main-Post war am 11.09.2010 zu lesen: „Die demografische Entwicklung zeichnet sich bei den Schulen in Stadt und Landkreis deutlich ab. Die Zahlen der Grundschüler haben in den letzten Jahren massiv abgenommen. Bei den Hauptschulen ist der Rückgang ebenfalls prägnant“.

Dennoch unterstützt der Landkreis auch in diesem Haushalt  Pro Familia mit 23.580,- €. Vor ein paar Jahren wurde in Hessen eine Aberkennung der staatlichen Anerkennung empfohlen,  da deren Beratungseinrichtungen unkorrekte Abrechnungen vorgeworfen und eine nicht  genügende Trennung von drei Abtreibungskliniken festgestellt wurde. Diese betreibt Pro Familia unter der Bezeichnung „Medizinische Institute“ noch heute. Pro Familia bedient sich in den Mitteilungen einer Sprache, in der weder Kind noch Embryo vorkommen.

Stattdessen gibt es förderungswürdige Projekte wie 1000plus zu dem sich die Stiftung „JA ZUM LEBEN“, die Vereine Pro Femina e.V. sowie die BIRKE e.V. zusammengeschlossen haben. 1000 plus hat das Ziel, jährlich 1000 und mehr ungewollt Schwangere zu beraten und ihnen zu helfen, eine Entscheidung für ihr Kind zu treffen. Die Schirmherrin des Projekts ist Johanna Gräfin von Westphalen.

Wir Republikaner beantragen daher die Beendigung der weiteren Zusammenarbeit mit Pro Familia,  den Ausbau und die Förderung von christlichen Beartungsstellen und von Projekten wie 1000plus.

Wir brauchen eine Wertediskussion über Kinder und Familie. Ich halte es für nicht vertretbar, wenn Abtreibungen als staatliche Sachleistung der Krankenkassen anerkannt werden und deren Kosten als „Sozialhilfe für Schwangere in besonderen Notsituationen“ von den Sozialministerien der Länder beglichen werden. Es ist für mich nicht nachvollziehbar, dass der Staat jedes Jahr 40 Millionen Euro zur Finanzierung von Abtreibungen ausgebe, statt das Geld für die Unterstützung von Kindern und Familien einzusetzen.

Thema Jugendsozialarbeit an den Grundschulen. Hier geht es uns Republikaner nicht um die 8.000,- € Erhöhung (Produktkonto 36311001.533120) sondern um eine grundsätzliche Frage: Die unaufhörliche „Versozialarbeiterung“ der Gesellschaft nützt niemanden außer den teuer alimentierten Sozialpädagogen. Diese plumpe Klientelpolitik schadet der Allgemeinheit und der Glaubwürdigkeit der Politik. Auch diese Kosten müssen durch den hart arbeitenden Steuerzahler finanziert werden. Bevor weitere Stellen vergeben werden, sollte erst eine Kosten-Nutzen-Analyse der bisherigen Arbeit erfolgen.

Zum Thema Gleichstellungsbeauftragte. Hierzu war in der Main-Post vom 08.03.2011 folgendes angegeben: „Bei den Gleichstellungsbeauftragten sieht es noch immer schlechter aus, macht Gabi Rottmann-Heidenreich, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises, deutlich. Bereits vor zehn Jahren hatte sie dafür geworben – allerdings mit mäßigem Erfolg. Bisher haben im Landkreis Würzburg nur acht Gemeinden eine Gleichstellungsbeauftragte“.
Könnte dieser mäßige Erfolg nicht vor allem an der Überflüssigkeit dieser Stelle, nicht nur in den Landkreisgemeinden, sondern auch im Landratsamt liegen? Immerhin erfolgte die Wiederbesetzung vor Jahren nicht aufgrund nachgewiesener Notwendigkeit, sondern als Preis für die Zustimmung der SPD zum damaligen Haushalt. Die Mitbetreuung dieser Stelle durch eine Mitarbeiterin im Landratsamt hatte sich in den Jahren zuvor als völlig ausreichend erwiesen. Spätestens seit Inkrafttreten des sog. Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetztes (AGG) ist diese Stelle überflüssig. Eine Erhebung der Verwaltung hatte 2003 erbracht, dass die vorgeschriebenen Aufgaben der Gleichstellungsstelle nur 5-10% einer Vollzeitstelle in Anspruch nehmen. Bei dieser Stelle bin ich auf die zukünftige Nutzen-Kosten-Analyse nach Doppik besonders gespannt.

Um neue Schulden zu vermeiden und die Möglichkeit des Schuldenabbaus zu bewahren, werden wir Republikaner die Beibehaltung des Hebesatzes der Kreisumlage bei 46% unterstützen. Auch wenn die Zukunftsaussichten für den Landkreis nicht erfreulich sind, möchte ich dennoch hoffnungsvoll mit Wilhelm Busch enden:
 
„Wer sparsam ist, denkt an das Morgen, die Zukunft macht ihm keine Sorgen. Man kann des Lebens sich erfreun und dennoch klug und sparsam sein“.