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14.12.2021

Die Menschen werden älter, das Pflegepotenzial sinkt: Forscher gibt Einblicke in die Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts in der Region Würzburg

Gibt es künftig genügend seniorengerechten Wohnraum? Oder adäquate ärztliche Versorgung und Pflege? Und kommen alte Menschen mit eingeschränkter Mobilität in ein paar Jahren überhaupt (noch) alleine von A nach B? Seit 2010 erstellen Stadt und Landkreis Würzburg ein gemeinsames Seniorenpolitisches Gesamtkonzept, um Antworten auf diese und weitere Fragen zum demografischen Wandel und den Bedürfnissen von Seniorinnen und Senioren in der Region zu finden. Anfang 2022 soll nun die 3. Auflage vorgelegt werden. Der Vorstand des Kommunalunternehmens (KU) des Landkreises Würzburg und ein Sozialforscher gaben jedoch bereits in der vergangenen Sitzung des Kreistags erste Einblicke.

„Die Fortschreibung des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts ist für uns ein wichtiger Indikator, wie sich das Leben der Seniorinnen und Senioren im Landkreis Würzburg und im Allgemeinen weiterentwickelt aber auch, was Politik entscheiden und Gesellschaft sowie Staat organisieren müssen, um die verschiedenen Facetten des Älterwerdens zu meistern“, ordnete Landrat Thomas Eberth ein. Steht das Konzept einmal, haben die Verantwortlichen von Politik und Verwaltung zumindest Anhaltspunkte, wohin die Reise geht – und welche Weichen gestellt werden müssen, damit Menschen in der Region bis ins hohe Alter ein würdevolles und möglichst lange selbstbestimmtes Leben führen können.

Bamberger Sozialforscher analysieren Stadt und Landkreis Würzburg

Nach einem Vortrag der beiden Vorstände des Kommunalunternehmens (KU) des Landkreises Würzburg, Professor Dr. Alexander Schraml und Eva von Vietinghoff-Scheel, über das weit verzahnte Netzwerk und Angebot des KU lieferte der Soziologe Dr. Hanspeter Buba vom Bamberger Institut für Sozialforschung BASIS Einblicke in die demografische Entwicklung der Region Würzburg. Stadt, KU und Landkreis hatten BASIS mit der Fortschreibung des Seniorenpolitischen Konzepts beauftragt.

Hanspeter Buba fungierte viele Jahre als Geschäftsführer der Sozialwissenschaftlichen Forschungsstelle an der Universität Bamberg und lehrte als Dozent an den Universitäten in Bamberg und Trier. Bei BASIS forscht er gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus unterschiedlichen Disziplinen, um anhand von Statistiken, Befragungen, Expertengesprächen und aktuellen Beobachtungen Aussagen über die gesellschaftliche Entwicklung bestimmter Regionen anzustellen. Sein vorläufiges Fazit für die Zukunft von Senioren in Stadt und Landkreis Würzburg: „Es gibt hier in der Region ausgezeichnete Anknüpfungspunkte, aber auch eine Reihe von Bedarfen, bei denen man die Struktur stärken muss.“

Gemischtes Fazit: Gute Strukturbeispiele aber steigender Bedarf

Erfreulich sei etwa die Ausstattung mit „vorbildlichen, kommunalen Seniorenvertretern“, deren Bekanntheit sich jedoch regional stark unterscheide. Zudem gebe es gute Beispiele für Modelle von ärztlicher Versorgung und der Betreuung von Heimbewohnern, gerade bei der ärztlichen Versorgung aber auch Defizite.

In Zukunft wird die Situation schwieriger: Vorhandene Angebote - bei alltagspraktischen Hilfen etwa - werden den künftigen Bedarf nicht decken können, betonte Hanspeter Buba. Wichtig ist daher der Ausbau und die professionelle Begleitung organisierter Ehrenamtsstrukturen. Weiter müssten dringend schon jetzt die Weichen für den Ausbau von ambulanter Pflege, der Tagespflege oder von Unterstützungsnetzwerken bei der gerontopsychiatrischen Versorgung gestellt werden. Auch gebe es vielerorts erhebliche Defizite im Bereich Barrierefreiheit oder auch bei der Ergänzung des Nahverkehrs sowie der Nahversorgung – allesamt lebenswichtig für Menschen höheren Alters.

Seine Aussagen stützte der Sozialforscher schon in der Sitzung des Kreistags auf eine Reihe von statistischen Hochrechnungen. So werde die Zahl der Menschen, die älter als 65 sind, in den nächsten zehn Jahren von rund 37.000 auf rund 48.000 steigen. Gleichzeitig würden aktuell rund 61 Prozent aller Pflegebedürftigen von Partnern, Kindern oder anderen Verwandten umsorgt – ein Potenzial, das kontinuierlich sinken werde. Auch im Landkreis Würzburg werde es mehr Kinderlose, Alleinstehende, Kontaktverlust und Einsamkeit geben sowie mehr Demenzkranke. Gleichzeitig wird in der nächsten Dekade die Zahl der „jungen Alten“ steigen: Ein Potenzial, das für den Ausbau von ehrenamtlichen Strukturen genutzt werden könnte. „Die große Herausforderung wird neben den räumlichen Angeboten die personelle Ausstattung der unterschiedlichen Hilfen sein“, betonte Landrat Thomas Eberth. Aber im Landkreis Würzburg befinden wir uns auf einem guten Weg.“

Konzeptpapier wird ab Anfang 2022 öffentlich diskutiert

Trotz seines ausführlichen Vortrags konnte Dr. Hanspeter Buba den Kreisrätinnen und Kreisräten nur einen Teil seiner bisher erarbeiteten Erkenntnisse präsentieren. Bis zum Beginn des neuen Jahres 2022 soll die 3. Auflage des Seniorenpolitischen Gesamtkonzepts noch weiter ausgearbeitet und dann dem Stadtrat und Kreistag vorgelegt werden. Beraten und zur Beschlussfassung vorgelegt wird das Papier zunächst in der Sitzung des Verwaltungsrats im Januar und dem Kreistag im Februar. Daraufhin folgt die Veröffentlichung.