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02.08.2018

FEEL FR.E.E.- Jugendliche lernen, die Gesellschaft mitzugestalten

Zwischen dem, wie man sich irgendetwas vorstellt, und dem, wie irgendetwas ist, liegen meist Welten. Das gilt im Großen wie im Kleinen. Ein Stückchen Welt näher kennen lernen, diese Chance erhielten 51 Schüler, die am Projekt FEEL FR.E.E. des Würzburger Landkreises teilnahmen. Mindestens 60 Stunden lang engagierten sie sich während dieses Schuljahres freiwillig. Beim großen FEEL FR.E.E.-Abschlussfest gab es als Dankeschön Pulled Pork, Eiscreme und eine Urkunde von Landrat Eberhard Nuß.


Eine völlig neue Welt erschloss sich Niclas, 13 Jahre alt, der ein Jahr lang bei der Tafel in Höchberg mithalf. „Ich hätte nie gedacht, wie viel Organisation nötig ist, um eine Tafel zu betreiben“, sagt der Realschüler. An den Donnerstagnachmittagen half Niclas mit, Tomaten, Äpfel, Karotten, Brot und Brötchen auszugeben. Bis zu 60 Menschen bedienten er und die anderen Freiwilligen an jedem Ausgabetag. Wie all die Sachen herbeigeschafft werden, erfuhr Niclas in den Ferien. Da gesellte er sich mittwochmorgens um 8 Uhr zu den Tafel-Fahrern, bestieg mit ihnen den Kühlwagen und kurvte bis zum Mittag in Höchberg und den angrenzenden Gemeinden herum. Seine Sache machte er sehr gut, lobt Tafel-Vorsitzende Magdalena Roßbach - die hofft, dass Niclas auch im nächsten Schuljahr der Tafel die Treue hält.


Mit FEEL FR.E.E. zum Traumberuf

Klara wählte für sich ein Einsatzgebiet, von dem sie dachte, dass es ihr vertraut wäre: Sie schnupperte als Ehrenamtliche im Kindergarten Sonderhofen. Nun war die 15-Jährige zwar selbst in einem Kindergarten gewesen. Doch was es heißt, Erzieherin zu sein, hatte sie nicht geahnt. Inzwischen ist ihr klar: Genau das ist ihr Traumberuf! Ab Herbst 2019, wenn sie die Mittlere Reife in der Tasche hat, möchte sie ihn erlernen. Klara fuhr in ihrem FEEL FR.E.E.-Einsatzjahr mehrgleisig. Ein halbes Schuljahr lang war sie im Kindergarten Sonderhofen zugange. In der zweiten Schuljahreshälfte half sie in der Mittagsbetreuung mit. Zusätzlich integrierte sie ein Kita-Praktikum. „Jetzt weiß ich genau, was man tun muss, um Erzieherin zu werden“, sagt die Jugendliche. Eine Grundvoraussetzung bringt sie bereits mit. Klara hat ein Händchen für Kinder: „Selbst wenn sie etwas schwieriger sind, komme ich gut mit ihnen klar.“

Auch Erison engagierte sich ein Jahr lang in einem Feld, das er eigentlich gut zu kennen glaubte: Der 15 Jahre alte Mittelschüler unterstützte den Fußballtrainer des U9-Teams beim SV Gaukönigshofen. Erison selbst kickt schon eine ganze Weile im Verein. Doch der Rollenwechsel war spannend. „Meine Aufgabe bestand vor allem darin, während der Übungen zu schauen, dass auch wirklich alle Kinder mitmachen“, sagt er. Das klingt easy, war aber mitunter ein alles andere als einfacher Job. Denn wie geht man mit Knirpsen um, die an manchen Tagen ganz aufgedreht sind und nur Quatsch im Kopf haben?


Jung und Alt haben sich was zu sagen

Moriz entschied sich für einen Bereich, mit dem er zuvor noch keine Berührung gehabt hatte: Der Mittelschüler aus Höchberg ging ins Heim der Höchberger Arche, um mitzuhelfen, den Heimbewohnern den oft langen Tag ein wenig zu verkürzen. „Am Anfang war ich sehr schüchtern gewesen“, gibt er zu. Werden mich die alten Menschen überhaupt akzeptieren? Werden sie mich ernst nehmen, wenn ich versuche, mit ihnen ins Gespräch zu kommen? Solche Fragen gingen dem Jungen durch den Kopf. Moriz erfuhr, dass er sehr gut bei den Senioren ankam. Gern erzählten sie ihm aus ihrem Leben. Rasch fanden sich Anknüpfungspunkte: „Ein alter Mann erzählte mir, dass er früher viel Fußball gespielt hat, sogar in einer höheren Liga.“ Nachdem Moriz auch gern kickt, hatten die beiden sofort ein gemeinsames Thema.

Für Lea war es Ehrensache, sich am Projekt FEEL FR.E.E. zu beteiligen. „Schließlich leben ihr die Eltern vor, wie wichtig es ist, sich ehrenamtlich zu engagieren“, lacht ihr Vater, der seine Tochter zum Abschlussfest begleitete. Leas Vater engagierte sich 20 Jahre lang freiwillig als Kommandant bei der Feuerwehr. Auch Lea ist bei der Feuerwehr aktiv: „Außerdem ministriere ich seit vier Jahren.“ Als Einsatzort für ihr FEEL FR.E.E.-Jahr wählte die 13-Jährige von der Mittelschule Gaukönigshofen den Kindergarten in Giebelstadt, wo sie für die Kleinen Spiele erfand.

Lukas half bei der Bereitschaft des Bayerischen Roten Kreuz Würzburg-Stadt mit und meint: „"Ich habe nicht nur coole Sachen gesehen, sondern konnte in meiner Freizeit sogar anderen helfen". Und: Lukas hat mit seiner Begeisterung seine Mutter angesteckt, sie will sich jetzt ebenfalls beim Roten Kreuz engagieren.

FEEL FR.E.E. – Freiwillig, ehrenamtlich, engagiert

„Freiwillig, ehrenamtlich, engagiert“, diese drei Worte stehen hinter der Abkürzung „FR.E.E.“. Unter diesem Motto engagierten sich bisher bereits 132 Schülerinnen und Schüler ab 13 Jahren. Der Startschuss fiel im September 2015. Die Mitteschule Gaukönigshofen, die Realschule Höchberg und das Gymnasium Veitshöchheim gehörten zu den Pionieren. „Ab dem kommenden Schuljahr soll das Projekt auf alle Schulen im Landkreis ausgeweitet werden“, berichtet Projektleiterin Kerstin Gressel.

Wer Lust hat, mitzumachen, wird persönlich beraten, welches Ehrenamt am besten passt: Ein Engagement im Sportverein, im Kindergarten, bei der Feuerwehr, im Streichelzoo, bei der Wasserwacht oder im Seniorenheim oder etwas ganz anderes. Während des Projekts stehen die drei ehrenamtlichen Mentorinnen Regina Klopf, Fabienne Feldhofer und Andrea Fellner beratend zur Seite. Mindestens 60 Stunden sollte man sich engagieren. Wobei viele Jugendlichen mehr tun. Der Rekord lag diesmal bei 229 Ehrenamtsstunden.