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09.07.2010

Im Westen viel Neues


LANDKREIS WÜRZBURG (ww) – Im Westen viel Neues – das war das Motto der zweiten landwirtschaftlichen Informationsfahrt mit Landrat Eberhard Nuss.

Wenn man zum ersten Mal etwas macht, nennen es die Franken Innovation, beim zweiten Mal Tradition, schmunzelte der Landrat zu Beginn der Reise am Treffpunkt in Waldbrunn. Von dort ging es zum Hof von Karl Seubert in Oberaltertheim, der sich seit zwei Generationen auf den Obstbau spezialisiert hat.

Mit 12 Hektar Anbaufläche liegt der Schwerpunkt auf der Apfelproduktion mit den Sorten Elstar, Jonagold, Berlepsch, Goldparmäne, Braeburn, Summerred, Boskop, Gala und vielen anderen mehr. Daneben werden auf jeweils einem Hektar Zwetschgen und Birnen angebaut, die restliche Fläche von 8 Hektar wird landwirtschaftlich genutzt, sagte Seubert.

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In der Anlage steht Baum an Baum Spalier, ein Großteil davon wird von einem Netz gegen Hagel geschützt. Sehr arbeits- und zeitaufwendig sei der Obstbau und es werde immer mehr, so der Landwirt. Das Bäumeschneiden, der Pflanzenschutz, das Ausrupfen von zuviel Früchten und die Ernte nehmen sehr viel Zeit in Anspruch. Ohne Saisonarbeitskräfte wäre alles nicht zu schaffen.

Die Vermarktung erfolgte lange Zeit über eine direkte Belieferung der regionalen Lebensmittelketten. Durch ein verändertes Marktverhalten dieser Ketten wird heute etwa ein Drittel des Obstes direkt vermarktet, der Rest geht an die Marktgemeinschaft Bodenseeobst, ein Teil in die eigene Brennerei. Für den Verkauf im Hofladen sei es wichtig, Zusatzprodukte wie Marmelade, Apfelsaft, -likör, Honig, Spirituosen sowie Bioprodukte anbieten zu können, meinte Seubert.

Der Betrieb sei mit seiner Spezialisierung in einem weiten Umkreis der einzige dieser Art, sagte Dieter Ofenhitzer, Leiter des AELF Würzburg. Allein das unternehmerische Können entscheide aber über den Erfolg am Markt. Momentan seien die Erlöse zwar befriedigend, allerdings ist aber ständig mehr Know-how notwendig, um den Absatz aufrecht zu halten. Dabei werde die kontinuierliche Qualitätsverbesserung vom Kunden als selbstverständlich erachtet.

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Einen Betrieb der ganz anderen Art erlebten die Mitreisenden in Helmstadt auf dem Hof von Albert Rappelt. „Wir sind hierher gefahren, um nichts zu sehen. Das macht der Strukturwandel, der hier zwingend notwendig war“, meinte Ofenhitzer.

Die Idee der engen Zusammenarbeit der drei Ackerbaubetriebe wurde aus der Not der Investition geboren, erläuterte Albert Rappelt. Und so wurden Maschinen und Menpower von Edgar Martin, Albert Rappelt und Bruno Schlör gebündelt, frei nach dem Motto „Aus drei mach eins“, wobei aber jeder Betrieb selbständig blieb.

Durch die Gründung einer GbR und das Abschaffen der Viehbestände wurden enorme Einsparungen bei den Maschinen- und Arbeitskosten, bei der Arbeitszeit, beim Einkauf von Betriebsmitteln und Verkauf der Ernteprodukte erzielt. „Die Kosten sanken, die Einnahmen stiegen“, so Rappelt. Durch die Abschaffung des Pfluges ging der Dieselverbrauch sogar um 35 Prozent zurück.

Heute nach erfolgreichen 13 Jahren bewirtschaftet die Arbeitsgemeinschaft 395 Hektar, etwa 100 Hektar mehr als 1997. Und das mit nur zwei Personen: Edgar Rappelt und Sohn Bernd, die beiden anderen Partner haben sich beruflich verändert. Bruno Schlör ist jetzt Busfahrer und Edgar Martin ist seit 2008 ehrenamtlicher Bürgermeister von Helmstadt. Sein Betrieb sei alleine schon 1997 nicht mehr überlebensfähig gewesen, meint er.

Betrug die Arbeitszeit pro Hektar und Jahr zu Beginn der gemeinsamen Bewirtschaftung noch gut 13 Stunden, so konnte sie durch verbesserte Organisation und schlagkräftige moderne Technik auf fast die Hälfte (6,8 Stunden) gemindert werden, erklärte Rappelt.

Als neue Herausforderung soll nun GPS Einzug halten – zur weiteren Optimierung der Arbeitszeit und des Betriebsmitteleinsatzes. Deshalb wird wohl in Zukunft Sohn Bernd den „Hof“ alleine bewirtschaften können. Das Konzept begeisterte den Landrat, es sei ein Modell mit Zukunft. Ohnehin sei er davon überzeugt, dass Landwirte eine gute Zukunft haben, denn „gegessen und getrunken wird immer“.

Ein bisschen Probleme bereiten die kleinen Flächen unter einem Hektar bei der Bearbeitung mit den großen Maschinen. Deshalb wäre den Rappelts ein vereinfachtes Verfahren zur Flurneuordnung beziehungsweise ein freiwilliger Landtausch willkommen. Auch der geplanten Biogasanlage der WVV im westlichen Landkreis stehe man positiv gegenüber.

Genauso wie der Betrieb von Pierre Ramnick in Greußenheim, der 2004 auf Ökolandbau umstellte, - die letzte Station des Landrats. Da hier ausschließlich mit Leguminosen als Zwischenfrucht gedüngt wird, wäre die Biogasanlage eine gute Möglichkeit der Verwertung für den Grünschnitt.

Auf rund 300 Hektar wachsen Winterweizen und – roggen, Sommergerste, Dinkel, Ackerbohnen, Sonnenblumen und Speisekartoffeln. Bereits seit 20 Jahren arbeitet der Betrieb ohne Pflug. „Pfluglos und biologisch dazu, das war noch einmal eine Steigerung“, sagte Ramnick.

Der Pflanzenbau soll nun weiter optimiert werden: Hacken heißt die Devise. Ein acht Meter breites Hackgerät mit Kameralenkung ist seit 2009 im Einsatz und hilft dem Landwirt beim Kampf gegen unerwünschte Unkräuter im Getreidefeld zwischen den Reihen. Die müssen allerdings wegen der Durchfahrten doppelt so breit sein wie im konventionellen Anbau.

Das Hauptproblem im Ökolandbau seien in Deutschland die fehlenden Vermarktungsstrukturen, weiß der Landwirt. Seine Produkte versucht er deshalb direkt an Mälzereien, Mühlen, Kraftfutterwerke und Ölmühlen zu vermarkten. Kernstück dieser Strategie im Bereich der Körnerfrüchte ist die Lager- und Aufbereitungseinrichtung, in der 1200 Tonnen gelagert werden können. So kann er auch für benachbarte Ökobetriebe Getreide reinigen und umschlagen.

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Hier begeisterte den Landrat vor allem der Maschinenpark. „Da sieht man, dass in Deutschland jeder siebte Arbeitsplatz von der Landwirtschaft abhängt“, machte er deutlich.