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30.11.2021

Landkreis Würzburg stärkt Sozialarbeit sowie Kinder-, Jugend- und Familienhilfe

Der Landkreis Würzburg baut seine umfangreichen Beratungsangebote für Kinder und Jugendliche aber auch für Familien zur Hilfe in Krisensituationen weiter aus. Der Jugendhilfeausschuss des Landkreises beschloss in seiner vergangenen Sitzung, dafür künftig noch mehr Geld in die Hand zu nehmen, um präventive Angebote und die Beratung zu stärken. Die nötigen Beschlüsse traf das Gremium einstimmig.

Unter anderem sehen die Mitglieder des Ausschusses einen erhöhten Bedarf an Jugendsozialarbeit an Schulen (JaS). Ein entsprechender Grundsatzbeschluss für deren Ausbau ist bereits im März 2021 gefallen. In der vergangenen Sitzung wurden nun die neu geschaffenen Stellen für Sozialpädagogen an den Grundschulen in Veitshöchheim, Güntersleben und Thüngersheim (je eine halbe Stelle) mit einer Förderung von jeweils 8160 Euro pro Kalenderjahr bezuschusst. Die JaS-Stelle an der Grundschule Ochsenfurt wird zudem um ein Viertel auf 30 Wochenstunden aufgestockt.

Fachbereichsleiter Bernd Adler beleuchtete die Hintergründe dafür: An der Grundschule Ochsenfurt etwa seien die Schülerzahlen generell gestiegen, aber auch ein erhöhter Anteil von Schülerinnen und Schülern mit Migrationshintergrund sie zu verzeichnen. Die „Einzelfälle“ in der Jugendsozialarbeit hätten außerdem zugenommen – nicht zuletzt auch durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie. „Damit wollen wir die Schulen stärken, denn dort wird nicht nur Bildung vermittelt, sondern eben auch Sozialverhalten gelehrt. Die Jugendsozialarbeit an den Schulen liefert dazu einen wichtigen Beitrag“, so Landrat Thomas Eberth.

Höhere Zuschüsse für SkF, Diakonie, Don Bosco und Wildwasser Würzburg

Ebenfalls erweitert wurden die Angebote der aufsuchenden Erziehungsberatung des Sozialdienstes Katholischer Frauen (rund 30.000 Euro plus), Fachberatung für Kinder mit psychisch kranken Eltern des Diakonischen Werks Würzburg (rund 1000 Euro plus), der Koordinierungsstelle ROVEN der Berufsschule Don Bosco (rund 2600 Euro plus) sowie des Wildwasser Würzburg e.V. (rund 1600 Euro plus). Für die Schaffung und Förderung eines Angebots „Kultursensible Beratung für Familien mit Flucht- und Migrationshintergrund“ mit dem Kostenaufwand von rund 30.000 Euro wurde eine Beschlussempfehlung an den Kreistag ausgesprochen.

Unter Vorbehalt einer gleichlautenden Entscheidung der Stadt Würzburg hat der Jugendhilfeausschuss zudem Vereinbarungen zwischen der Kreisverwaltung, dem pro familia Bezirksverband Unterfranken und der Stadt Würzburg über die Zusammenarbeit für eine Fachberatung bei sexualisierter Gewalt sowie einer Ehe-, Familien- und Lebensberatung zugestimmt. Der Zuschuss des Landkreises Würzburg soll von den bisher gezahlten 45.000 Euro für das Jahr 2022 auf 61.821,02 Euro angehoben werden.

Pro familia bietet bereits seit vielen Jahren Sexualpädagogische Bildung an Schulen, aber auch Beratung, Therapie und Gruppenangebote für Eltern und Familien an. Um die Leistungen und die Bezahlung noch transparenter zu machen, hatten sich Stadt und Landkreis um eine klare Aufteilung und zwei separate Vereinbarungen bemüht.

Große Reformen im Kinder-, Jugend- und Familienrecht stehen an

Lediglich andiskutiert wurden die in den nächsten Jahren anstehenden Reformen des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG, SGB VIII) sowie des Gesetzes zur Ganztagesförderung von Kindern im Grundschulalter (GaFöG).

Konkret werden mit den neuen Gesetzen des Bundes und des Freistaats die Rechte von Kindern, Jugendlichen und Familien gestärkt. So haben unter anderem auch junge Volljährige künftig einen verbindlichen Rechtsanspruch auf Hilfe durch das Jugendamt. Kinder dürfen zudem zeitlich unbegrenzt Beratung in Anspruch nehmen, ohne dass die Eltern davon in Kenntnis gesetzt werden müssen. Die verbesserte Hilfe für Kinder und Jugendliche soll stufenweise bis zum Jahr 2028 in Kraft treten. Bereits ab dem Jahr 2026 soll es zudem einen Rechtsanspruch auf Ganztagesbetreuung für Schülerinnen und Schüler an Grundschulen geben.

Jugendamt und Schulamt: Viele offene Fragen, Aufgaben werden wachsen

Laut dem Leiter der Sozialen Dienste, Bernd Adler, rollt mit den Neuerungen eine ganze Welle von zusätzlichen Aufgaben auf seinen Fachbereich zu. Fallbetreuungen würden mehr Zeit in Anspruch nehmen und die Kosten damit steigen. „Das Jugendamt wird im Jahr 2028 mindestens das doppelte Format haben“, blickt Bernd Adler voraus. Prof. Gunter Adams vom Diakonischen Werk Würzburg fügte an, dass man schon bald mit der Ausbildung entsprechenden Fachpersonals beginnen müsse, um den künftigen Bedarf zu decken.

Auch die Leiterin des Schulamts von Stadt und Landkreis Würzburg Claudia Vollmar äußerte Bedenken. Woher soll das neue Personal für die Ganztagesbetreuung an Grundschulen kommen und welche Qualifikation muss dieses vorweisen? Mit den räumlichen Kapazitäten sei man schon jetzt „am Limit“. Um überhaupt eine Idee davon zu bekommen, was die Schulaufwandsträger vorhalten müssten, müsse als nächster Schritt zunächst der Bedarf bei den Eltern geklärt werden.

Um aus den neuen Gesetzen und Gesetzesansprüchen überhaupt Ansätze für eine konkrete Umsetzung zu erarbeiten, wurde in beiden Sachverhalten der Unterausschuss Jugendhilfeplanung beauftragt. In Kooperation mit den zuständigen Stellen und Partnern soll das Gremium Maßnahmen erörtern, die kurz, mittel- und langfristig umsetzbar sind. „Die Beschlussvorschläge sind allerdings derzeit eher als Appell zu sehen“, räumte Landrat Thomas Eberth ein. Zu viele Fragen in Ausgestaltung und Refinanzierung seien derzeit noch offen. Derzeit liege der Ball noch bei den jeweiligen Ministerien, die sich schleunigst um eine Konkretisierung ihrer Gesetzes-Novellen bemühen müssten.