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05.03.2010

Landrat Eberhard Nuß: Haushaltsrede 2010

Gehalten am 05.03.2010 im Kreistag



Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,

im letzten Jahr habe ich meine Haushaltsrede begonnen mit der Aussage, dass ich Ihnen einen Haushalt vorlege,

• der auf Kontinuität baut
• und der unsere gemeinsame solide Finanzpolitik der letzten Jahre fortführt.

Ich freue mich, Ihnen das auch für den Haushalt 2010 sagen zu können.

Der von Landrat und Verwaltung herausgegebene Haushaltsentwurf hat einige - aus meiner Sicht - sehr wichtige Merkmale:

1. Der Haushalt ist ausgeglichen.

Zugegeben, das war heuer keine Kunst. Die Zahlen waren einfach zu gut. Aber, es kommt nicht nur darauf an, dass der Haushalt in einem guten Jahr ausgeglichen ist. Es kommt darauf an, dass wir auch noch die nächsten Jahre – wenn der Wind von vorne kommt - sagen können:
„Der Haushalt ist ausgeglichen.“

2. Der Haushaltsentwurf enthält keine Nettoneuverschuldung.

3. Er enthält alle bereits für das Jahr 2010 beschlossenen Investitionen.

4. Der Entwurf enthält einen Kreisumlagehebesatz von 46 %.

Wir haben den Hebesatz über den Finanzplan auch in die Zukunft gerichtet stabil belassen,
• um uns selbst
• und um den Gemeinden Planungssicherheit zu geben.

Die Basis für den aus unserer Sicht soliden Haushaltsentwurf ist die von uns allen in den letzten Jahren gemeinsam getragene solide Finanzpolitik des Landkreises, die es uns ermöglichte, eine Rücklage zu bilden. Eine Rücklage, die zum Ende des Jahres 2009 den Stand von 12,2 Mio. € erreicht hat und die nunmehr in den Folgejahren zur Finanzierung der bereits beschlossenen Investitionen herangezogen werden kann.

Ich glaube, ich verrate kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage: Die finanzielle Situation wird in den kommenden Jahren schwieriger, als sie derzeit ist. Man darf sich von den guten Zahlen des Jahres 2010 nicht blenden lassen. Der Blick in die Bilanz und v.a. der Blick auf drei wichtige Kennzahlen soll uns das vor Augen führen:

Auf der Haben-Seite finden wir haben heuer
• eine Erhöhung der Schlüsselzuweisungen um 5 Mio. €,
• und eine Reduktion der Bezirksumlage - trotz Erhöhung des Hebesatzes - um 3,1 Mio. €.

Dem gegenüber verringern sich die Einnahmen aus der Kreisumlage – auch bei gleich bleibendem Hebesatz - um 11,4 Mio. €. Allein bei diesen drei Kennziffern ergibt sich für den Landkreis Würzburg ein Defizit von 3,3 Mio. €.

Diese Finanzierungslücke und weitere ungedeckte Investitionskosten werden über eine geplante Rücklagenentnahme von 4,48 Mio. € ausgeglichen.

Auch dank der vorhandenen Rücklagen kann der Landkreis Würzburg in seiner Haushaltsplanung für das Jahr 2010
• von einem gleichbleibenden Hebesatz der Kreisumlage von 46 %-Punkten ausgehen
• und dennoch den Haushalt ohne Kreditaufnahme ausgleichen.

Es zeichnet diesen Kreistag aus, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass er in allen seinen finanziellen Überlegungen stets auch die Entwicklung der Verschuldung des Landkreises fest im Auge hat.

Die Verschuldung des Landkreises Würzburg hat
• zum Ende des Haushaltsjahres 2009 den Stand von 33,9 Mio. € erreicht – ohne Kommunalunternehmen -
• und wird planmäßig zum Ende des Haushaltsjahres 2010 - 32,3 Mio. € betragen.

Die Tilgungsausgaben von rund 1,6 Mio. € können voll zum Abbau der Gesamtverschuldung verwendet werden. Betrachten wir die mittelfristige Finanzplanung, so ist zu erkennen, dass auch für das Haushaltsjahr 2011 keine Verschuldung vorgesehen ist. Jedoch wird im Haushaltsjahr 2011 zum Ausgleich des Haushalts eine Rücklagenentnahme von 6,25 Mio. € notwendig sein. Die Rücklage wird dann auf den Stand der Mindestrücklage abgeschmolzen sein, sodass ab den Folgejahren 2012 und 2013 keine Rücklagenentnahme mehr möglich ist.

Aus diesem Grund sind nach der mittelfristigen Finanzplanung - bei einem gleichbleibenden Hebesatz der Kreisumlage von 46 %-Punkten – ab dem Jahr 2012 neue Kreditaufnahmen notwendig:
• im Jahr 2012 in Höhe von knapp 6 Mio. €
• und im Jahr 2013 von ca. 3,7 Mio. €.

Dies immer unter der Voraussetzung, dass sich die angenommenen Rahmenbedingungen so, wie von uns angenommen, entwickeln werden.

Wir haben bei der Prognose für das Haushaltsjahr 2011 zwei negative Entwicklungen einkalkuliert, die wir heute schon ziemlich zuverlässig abschätzen können:

• Wir rechnen 2011 mit einer weiteren Erhöhung der Bezirksumlage um 2 %-Punkten
• und gehen bis zum Jahr 2012 von einem weiteren Einbruch der Umlagekraft aus.

Erst für das Jahr 2013 ist eine leichte Erholung der Umlagekraft eingeplant. Auch bei den Schlüsselzuweisungen haben wir keine Erhöhung, sondern - trotz sinkender Umlagekraft - eher eine Verringerung eingerechnet. Sollten sich die allgemeinen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen wider Erwarten schneller bessern als gedacht, würde dies in erster Linie dazu führen, dass die vorhin erwähnte Verschuldung entsprechend reduziert werden kann. Ich will nicht verhehlen, meine Damen und Herren, dass sich die Finanzierung des Verwaltungshaushaltes ab dem Haushaltsjahr 2012 schwierig gestalten könnte. Die Prognosen der Fachleute gehen in diese Richtung.

Wir sollten auf alle Fälle jetzt schon mal genau die allgemeine Ausgabenentwicklung beobachten,
• und alle Maßnahmen der Einnahmenverbesserung,
• aber auch der Ausgabenreduzierung konsequent nutzen.

Von Bedeutung wird die Entwicklung der Ausgaben im Bereich des SGB II sein. Dies hängt – wie wir wissen - maßgeblich von der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ab, also von der allgemeinen Wirtschaftsentwicklung. Auch die Erstattungen des Bundes im Rahmen der Übernahme der Unterkunftskosten stellt ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Die Schreiben, die der Bayerische Landkreistag regelmäßig an die Landräte schreibt, sprechen hier eine deutliche Sprache.

Die bisherige Tendenz, dass sich der Bund immer weniger an den Kosten der Unterkunft beteiligt, muss im Interesse des Landkreises gestoppt und wenn möglich umgekehrt werden. Hier sind die kommunalen Spitzenverbände und die Länder gefordert, den Kommunen jede nur mögliche Unterstützung zukommen zu lassen.

Ich habe in diesem Haushalt Mittel für Personalentwicklung vorgesehen.

• Dem eigenen Antrieb folgend,
• aber auch einer Anregung des Rechnungsprüfungsausschusses
bin ich dabei, die Effizienz der Verwaltung zu verbessern - durch gezielte Qualifizierungs- und Schulungsmaßnahmen.

Ich möchte die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärker motivieren und sie in ihrer beruflichen Entwicklung fördern.

Ich möchte
• die interne Kommunikation verbessern
• und Führungskräfte besser auf ihre Aufgaben vorbereiten.

Langfristig wird die Steigerung der Effizienz auch zu einer Reduzierung der laufenden Kosten führen. Lassen Sie mich noch einige Überlegungen zu den freiwilligen Leistungen anstellen.

Freiwillige Leistungen sind auf der einen Seite die Möglichkeit für den Kreistag,
• außerhalb bestehender zwingender gesetzlicher Vorschriften,
• in seinem Wirkungskreis
gestalterisch tätig zu werden.

Auf der anderen Seite sind sie aber immer wieder auch ein Streitpunkt, ob diese Gestaltungsräume nicht besser von den Gemeinden ausgefüllt werden sollen. Ich gebe zu, ich bin ein Anhänger von letzterem. Ich halte nichts davon, den Gemeinden über die Kreisumlage erst Geld abzunehmen und dieses Geld dann wieder in Maßnahmen zu stecken, die in den Gemeinden viel besser aufgehoben sind.

Solche Verschiebebahnhöfe sind nicht meine Sache. In der Vorlage wurden die freiwilligen Leistungen des Haushaltsjahres 2009 auch für das Haushaltsjahr 2010 übernommen. Erhöht wurde dieser Ansatz lediglich um 80.000 € für die Volkshochschule Würzburg und das Volksbildungswerk Ochsenfurt.

Im Vorfeld dieser Neuaufnahme habe ich viele Gespräche geführt:
• mit den Verantwortlichen der Volkshochschule,
• aber auch mit den Bürgermeistern des Landkreises Würzburg

Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass eine Einigung der Volkshochschule mit den Gemeinden des Landkreises Würzburg über eine einheitliche Förderung bislang nicht möglich war und wohl auch künftig nur schwer möglich sein wird. Die Interessen der einzelnen Gemeinden sind ganz einfach zu unterschiedlich. Erwachsenenbildung ist eine wichtige Aufgabe – aber, sie ist eine originäre Aufgabe der Gemeinden. Ich bin bereit, einer Förderung der Volkshochschule durch den Landkreis näherzutreten, setze aber darauf, dass es dafür einen breiten Konsens hier im Kreistag gibt. Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir hier Aufgaben der Gemeinden als eine neue freiwillige Leistung übernehmen.

Ich glaube aber, dass wir mit der gefundenen Lösung, die auf der Grundlage von 50 Cent pro Einwohner beruht, einen guten und gangbaren Weg beschreiten. Wir können sicherlich darüber diskutieren, ob als Gegenfinanzierung der Ansatz unter der Haushaltsstelle 7900.6559
(Beratung der Gemeinden beim Ausbau des DSL-Netzes) in Höhe von 100.000 € notwendig ist. Bisher wurde von diesem Haushaltsansatz noch kein Gebrauch gemacht.

Auch der Haushaltsansatz 7900.6556 (Beratung von Bürgern im ländlichen Raum) in Höhe von 100.000 € wurde lediglich für die Mitgliedsbeiträge in den europäischen Förderprogrammen in Anspruch genommen. Hier reicht nach meiner Ansicht ein Ansatz in Höhe von ca. 20.000 € vollkommen aus. Unter Berücksichtigung dieser beiden Kürzungsmöglichkeiten würde sich trotz der Förderung für die Volkshochschulen insgesamt eine Reduzierung der freiwilligen Leistungen ergeben. Die Aufteilung der Förderung für die Volkshochschule Würzburg und des Volksbildungswerkes Ochsenfurt könnte anhand der Einwohnerzahlen des Altlandkreises Würzburg im Verhältnis zum Altlandkreis Ochsenfurt erfolgen.

In der Kulturförderung sollten wir uns neue Wege überlegen.

Ich schlage vor, dass wir für das Jahr 2010 die freiwilligen Leistungen
• in der vorgeschlagenen Höhe
• an die vorgeschlagenen Einrichtungen
zwar bewilligen, es uns aber gleichzeitig zur Aufgabe machen, für das Haushaltsjahr 2011 eine neue Kulturförderung einzurichten.

Ich könnte mir vorstellen,
• dass man von der jährlichen Förderung Abstand nimmt,
• dass man stattdessen ein Gesamtbudget für die Kulturförderung bildet,
• den jetzigen Sportbeirat in einen Sport- und Kulturausschuss erweitert
• und diesen für den Bereich der Kulturförderung - im Rahmen des vorgegebenen Budgets - zu einem beschließenden Ausschuss macht.

Förderanträge müssten dann jährlich neu eingereicht und begründet werden. Der Ausschuss hätte die Möglichkeit, diese dann individuell zu bedienen. Meine Damen und Herren, der Haushalt des Jahres 2010 liegt Ihnen im Entwurf vor. Ich will es mir und auch Ihnen ersparen, die darin enthaltenen Zahlen aus den Einzelplänen hier vorzutragen. Viel wichtiger war es mir, Ihnen einige grundsätzliche Erwägungen, die beim Aufstellen des Haushalts eine Rolle gespielt haben, hier vorzutragen.

Lassen Sie mich zusammenfassend festhalten, dass der vorliegende Haushalt ein Haushalt ist,
• der auf Kontinuität ausgerichtet ist
• und den Versuch unternimmt, die großen uns obliegenden Aufgaben mit den vorhandenen Ressourcen zu bewältigen.

Mit der Verabschiedung dieses Haushaltes 2010 erleben wir übrigens eine historische Besonderheit:
Der Haushalt 2010 ist der letzte Haushalt, den der Kreistag des Landkreises Würzburg in kameraler Form beschließen wird.

Der Kreistag hat beschlossen, dass ab dem Haushaltsjahr 2011 die Haushalte des Landkreises Würzburg nach den Regeln der kommunalen Doppik aufgestellt und abgewickelt werden.

Hierzu sind –
• weitgehend unbemerkt vom Kreistag,
• aber auch unbemerkt von der allgemeinen Verwaltung
erhebliche Vorarbeiten durch die Kämmerei geleistet worden.

Wir sind jetzt in der Lage, sagen zu können, dass die Umstellung punktgenau zum 01.01.2011 erfolgen wird. Die Verwaltung wird im Laufe des Jahres 2010 für interessierte Kreisrätinnen und Kreisräte entsprechende Info-Veranstaltungen anbieten. Zum Schluss möchte ich mich bei allen Fraktionen des Kreistages herzlich bedanken, dass Sie sich sehr intensiv mit dem vorliegenden Zahlenwerk auseinandergesetzt haben. Die Verwaltung war bemüht, den Fraktionen umfassend auf etwaige Fragen zu antworten und, wie mir berichtet wurde, wurde in den Fraktionen von dieser Möglichkeit auch Gebrauch gemacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

der Zeitung von gestern habe ich entnommen, dass es
• zu den freiwilligen Leistungen
• und auch zur Höhe des Hebesatzes der Kreisumlage
unterschiedliche Ansätze gibt.

Diese müssen jetzt ausdiskutiert werden. Erlauben Sie mir dazu aber eine Vorbemerkung.

In der Kreispolitik bestand, anders als in der großen Politik, die wohl auch in München gemacht wird, der Konsens, dass man auf sachliche Ebene sehr wohl streiten kann, vor persönlichen Verunglimpfungen aber zurückschreckt. Wenn ich in der Zeitung lesen musste, dass Sie, sehr geehrter Herr Abgeordneter Halbleib, mich als „charakterlos“ bezeichnen, so haben Sie damit diese sachliche Ebene verlassen und Ihre Angriffe auf eine persönliche Ebene gezogen.

Sie wollten mich persönlich treffen – und ich darf Ihnen sagen:
Das ist Ihnen auch gelungen!
Sie haben mich getroffen!
Sie haben mich - nicht als Landrat, aber als Mensch - zutiefst verletzt.
Ich gehöre dem Kreistag seit 14 Jahren an.

Mir ist kein Fall bekannt, auch von den Vorgängern nicht, dass ein Kreistagskollege einen anderen öffentlich als "charakterlos" diffamiert hat.

Dieser Vorgang ist in der Geschichte des Landkreises Würzburg einmalig. Bei aller gelegentlichen Leidenschaft, aber zu Beleidigungen ist es in diesem Haus noch nicht gekommen. Dass es sich bei dem ehrenrührigen Vorwurf der „Charakterlosigkeit“ um die Beleidigung meiner Person handelt, wird niemand in Zweifel ziehen. Ich halte sogar die Grenze zum Straftatbestand für überschritten, noch dazu, Herr Halbleib, weil Sie Ihre beleidigende Äußerung öffentlich über die Zeitung verbreitet haben.

Ich behalte mir vor, entsprechend darauf zu reagieren. Lassen Sie mich zum sachlichen Inhalt zurückkehren. Ich habe niemals in Zweifel gezogen, dass die SPD-Fraktion grundsätzlich gegen die Ausübung der Option war. Das war der Beschluss des Kreistags vom 13. August 2004.

Ich darf aber sehr wohl feststellen, dass ausnahmslos alle Entscheidungen, die danach erfolgten, die Billigung der SPD-Kreistagsfraktion gefunden haben. Mit meinem Appell, es solle jeder zu seiner Verantwortung stehen, habe ich wohl in ein Wespennest gestoßen. Zu Ihrem eigenen Schutz, Herr Kollege Halbleib, möchte ich Ihnen einen guten Rat geben:

Lesen Sie die Protokolle der Jahre 2004 bis 2007. Lesen Sie nach - und überlegen Sie sich ganz genau, was Sie persönlich in den jeweiligen Sitzungen gesagt haben. Dies auch unter dem Gesichtspunkt, dass Sie Jurist sind. Nach Lektüre der Protokolle können Sie darüber nachdenken, ob Sie Ihre Äußerung in der Main-Post vom 3. März noch weiter aufrechterhalten wollen.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich freuen,
wenn wir den vorliegenden Haushaltsentwurf für das Jahr 2010 - nach einer sachlichen Debatte – mit einer möglichst breiten Mehrheit verabschieden könnten.


Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!