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20.09.2022

Neues Leben in alten Gemäuern braucht Leidenschaft und Kompetenz Schau-Tag der Innenentwicklung zeigte zehn vorbildliche Anwesen

Mit drei eindrucksvollen Beispielen gelungener Wiederbelebung von historischen Gemäuern begann der diesjährige „Schau-Tag der Innenentwicklung“ des Landkreises Würzburg in Sommerhausen. Insgesamt zehn gelungene Objekte im gesamten Landkreis konnten als Best-Practice-Beispiele besichtigt werden.

Landrat Thomas Eberth begrüßte im Architekturbüro von Friedrich Staib in der Sommerhäuser Katharinengasse zahlreiche interessierte Gäste. „Leben findet innerhalb unserer Gemeinden statt“, betonte Eberth, denn Begegnungen, Gespräche, Schule und Kindergarten, Läden, Arztpraxen und auch Wohngebäude beleben die Ortskerne und sorgen dafür, dass sich die Menschen mit ihrer Gemeinde identifizieren, sich hier beheimatet fühlen. Wo Leerstände eine Dorfmitte veröden, geht auch der Herzschlag des Ortes verloren. Deshalb braucht es Menschen, die sich für historische, leerstehende Gebäude begeistern lassen, die den Mut haben, ein Kleinod zu entdecken, wo vielleicht gerade noch nach dem Abbruch gerufen wurde. Landrat Eberth dankte Friedrich Staib für die Möglichkeit, den Tag in seinem perfekten „Anschauungsobjekt“ zu eröffnen, das sich unter dem Motto „Bürgerhaus als Architekturbüro“ beeindruckend in Größe und harmonischem Zusammenspiel von Alt und Neu zeigt.

Der Landkreis Würzburg unterstützt mit seiner Innenentwicklungsstrategie die Belebung der Dorf- und Stadtkerne, um Menschen, die sich die Renovierung eines leerstehenden Gebäudes vorstellen können, Mut zu machen und auf dem Weg zu Fördermöglichkeiten und Ansprechpartnern zu begleiten.

Begeisterung für die fränkische Bautradition

Dies sei auch nötig, betonte Architekt Friedrich Staib, denn die Sanierung eines historischen Gebäudes verlangt Bauwilligen viel ab, wird jedoch auch aus zahlreichen Töpfen gefördert. Er erläuterte anhand des ehemaligen Bürgerhauses der fränkischen Renaissance den Weg zum Architekturbüro mit zahlreichen Arbeitsplätzen. Im Erdgeschoss, früher Kuhstall, gibt es Raum für Ausstellungen. „Das Haus bietet Anleitung zu allen Themen des Bauens im Bestand und dient als Ausdruck der Schönheit und Freude der fränkischen Bautradition“, erklärte der gebürtige Sommerhäuser und Spezialist für denkmalgeschützte Gebäude. Den letzten Impuls für den Kauf des schon dem Abbruch geweihten Hauses habe ihm die Inschrift aus dem 16. Jahrhundert gegeben, die lautet „Dem Glücklichen schlägt keine Stunde“, erklärte Staib schmunzelnd, gestand jedoch auch, dass er als gelernter Zimmermann unzählige Stunden in Eigenleistung bei der Sanierung des Hauses verbracht habe.

Staib führte die Gäste auch gleich in die Nachbarschaft seines Büros, wo mit seiner Unterstützung ein Ackerbürgerhaus der Renaissance in ein Wohnhaus mit Vinothek umgewandelt wurde. Und das Sommerhäuser „Rathaus als Stolz der Bürger“ zeigt, wie ein Renaissance-Anwesen durch eine Generalsanierung einer modernen Verwaltung Raum geben kann und zugleich – durch die historische Schönheit und Erhabenheit besonders des Ratssaals – identitätsstiftend für den Ort ist.

Mustergültige Beispiele im gesamten Landkreis

Der ehemalige Gasthof „Schwarzer Adler“ in Aub wurde für Familie Melber zum „Projekt als Lebenswerk“, um nach fünf Jahren intensiver Sanierung mit natürlichen Materialen wie Holz und Stein in 16.000 Stunden Eigenleistung das Haus zur neuen Büchsenmacherei umzubauen und liebevoll zu sanieren.

In Bieberehren hat der Gemeinderat und der Bürgermeister die Zeichen der Zeit erkannt: „Vom barocken Bauernhof zu Sozialwohnungen“ ging hier die Entwicklung. Mit einer 90%igen Förderungen durch den Freistaat Bayern sind hier vier Sozialwohnungen entstanden, wo sonst ein historischer Bauernhof weiter zerfallen wäre.

In Estenfeld hat sich Familie Barthel ein Wohnhaus aus

den 60er Jahren vorgenommen, um hier – mit einem neuen, steileren Dach – mehr Wohnraum für eine fünfköpfige Familie zu schaffen. Aus 30 Grad wurden 53 Grad Dachneigung – und somit wurde unter dem Motto „Regionalität“ auch die regional typische Gestalt eines steilen fränkischen Satteldaches geschaffen.

„Moderner Wohnraum in altfränkischer Bausubstanz“ wurde aus einem 1905 erbauten Dreiseithof in Giebelstadt. Ein Bauherr suchte ein Haus aus Muschelkalk, fand es hier und schuf mit fachkundigem Blick und viel Eigenleistung ein energetisch saniertes Wohnhaus mit Garage und Werkstatt.

Klein, aber sehr fein ist die „alte, neue Villa“ in Randersacker mit Baujahr 1549, die Matthias Henneberger mitten im Altort seiner Heimatgemeinde renoviert hat. Die ehemalige Kirchgade schlummerte vor sich hin und wurde nun gekonnt aus dem Dornröschenschlaf geweckt.

„Ein Kuhstall wird zur Wohnfläche“ – so lautete das Bau- und Renovierungsprogramm in Thüngersheim von Marianne Erben. So konnte zu dem bereits renovierten Haupthaus nun ein weiteres Wohngebäude erschlossen werden, das 1486 erbaut wurde.

In Zell konnte man betrachten, wie „Modernes Wohnen im ehemaligen Frauenkloster“ funktioniert. Trotz Säkularisation und Weltkriegen ist die historische Substanz erhalten geblieben und bietet nun auf 3.000 Quadratmetern 28 individuelle und moderne Wohnungen.

Landrat Thomas Eberth überreichte allen Teilnehmenden als Anerkennung des wertvollen Beitrags zur Innenentwicklung der Landkreis-Gemeinden eine Plakette und eine Urkunde und dankte allen, die neues Leben in alte Gemäuer bringen.

Über die Innenentwicklungsstrategie des Landkreises samt Förderprogrammen kann man sich hier informieren: www.landkreis-wuerzburg.de/innenentwicklung