Seiteninhalt

27.05.2010

Aktion Rollentausch - Landrat Nuß besucht eine Großfamilie


Zuhören, beraten, unterstützen – Sozialpädagogische Familienhilfe im  Landkreis Würzburg
 
Mutter, Vater, Kinder – das ist eine Familie. Mutter, Vater, acht Kinder – das ist ganz gewiss eine ungewöhnliche Großfamilie.
 
Anlässlich der Aktion Rollentausch besuchte Landrat Eberhard Nuß Familie Schill in Hopferstadt im südlichen Landkreis Würzburg. Begleitet wurde er von AWO-Mitarbeiter Beppo Jaroschewski. Der Diplom-Sozialpädagoge kennt Elke und Stefan Schill und ihre Kinder seit Juli 2007. Er unterstützt die Familie mit der Sozialpädagogischen Familienhilfe (SPFH), einem intensiven, aufsuchenden Hilfsangebot, das vom Landkreis Würzburg finanziert wird. „Ich wollte mich über die SPFH am praktischen Beispiel informieren und die Lebenssituation einer Großfamilie  besser kennen lernen“, meint Landrat Nuß zu seiner Wahl für die Aktion Rollentausch.
 
An einem der wenigen sonnigen Nachmittage im Mai spielen Cecilia, 7 Jahre, Charleen, 6 Jahre, Chandra, 4 Jahre im Garten. Der dreijährige Cedric schläft auf dem Sofa. Das „Osterküken“, Chelestin-Josephin, ist gerade mal sieben Wochen alt und nuckelt zufrieden am Fläschchen.
 
Es geht zwar lebhaft, aber nicht laut zu an diesem Dienstagnachmittag im großen Wohnzimmer der Schills. Zuhören ist gefragt. Vater Stefan Schill berichtet Landrat Nuß von seinen bisherigen Versuchen, Arbeit zu finden. Jetzt hat er sehr gute Aussichten auf eine unbefristete Stelle als Hausmeister in Würzburg. Ein weiter Weg von Hopferstadt aus, aber er freut sich darauf. „Das ist genau die Arbeit, die ich gerne tue“, sagt er.
 
Mutter Elke erzählt von den anfänglichen Schwierigkeiten, sich als Großfamilie in einem kleinen Ort wie Hopferstadt niederzulassen. Inzwischen schwärmen die Eltern von der Hilfsbereitschaft der Hopferstädter. Als kurz vor der Geburt von Chelestin-Josephin plötzlich das Auto der Familie in Ochsenfurt ausbrannte, fand sich sofort eine Nachbarin, die die hochschwangere Frau nach Hause fuhr. Und die Kartoffeln für die Klöße an Ostern brachte eine andere Nachbarin vorbei. Der Kindergartenverein unterstützt die Familie, wo er kann, vor allem der Vorsitzende, Alois Metzger, sei unermüdlich hilfsbereit, erzählen Schills dankbar.
 
Zuhören, beraten, behutsam neue Wege aufzeigen – das gehört zu Beppo Jaroschewskis Arbeit in der SPFH. „Wenn ich den Herrn Jaroschewski nicht immer wieder anrufen könnte, wüsste ich oft einfach nicht weiter“, meint Elke Schill. „Ich hab mir schon viel Kummer und Leid raustelefoniert in den Gesprächen mit ihm.“ Nur – die Maßnahme läuft im Juli aus, wieder einmal, und „ich schiebe manchmal schon Panik, dass ohne seine Hilfe alles zusammenbricht“, fürchtet sie. Einmal pro Woche kommt der Sozialpädagoge ins Haus, bespricht Erziehungsprobleme und versucht den Eltern Handlungsweisen zu vermitteln, mit denen sie den Kindern klare Strukturen, Regeln und Grenzen geben können. Mehrmals wöchentlich ist er am Telefon Helfer in der Not.
 
Die Familien, die von den AWO-Sozialpädagogen betreut werden, treffen sich regelmäßig zum Erfahrungsaustausch beim Grillen, beim Frauenfrühstück, zum Adventskranzbasteln oder am Wasserspielplatz auf dem Landesgartenschaugelände. „Zu erleben, dass auch andere Familien ähnliche Probleme haben wie man selbst, ist ungeheuer entlastend. Man tauscht sich aus und jeder bringt sich mit dem ein, was er am besten kann“, weiß Beppo Jaroschewski. Elke Schill nickt und bekräftigt diese Erfahrung. „Ich würde etwas vermissen, wenn Herr Jaroschewski nicht mehr zu uns käme“, sagt Elke Schill noch einmal sehr deutlich zum Landrat.
 
Ein guter Zuhörer für die Nöte der Schills ist auch Mario Priever, Sachbearbeiter im Landratsamt, lobt Elke Schill. Er hilft, wo er kann, immer schnell und immer sehr freundlich. Neulich ist das Ceranglasfeld des Herdes gebrochen – Elke Schill wünschte sich einen neuen Herd mit versenkbaren Knöpfen – der Kindersicherheit wegen – auch hierfür fand Mario Priever eine Lösung.
 
Probleme werden nie knapp in einer Familie mit so vielen Kindern. Ausbildungsplätze für die beiden älteren Mädchen, 16 und 18 Jahre alt, Kindergarten- und Schulthemen bei den jüngeren lässt sich Landrat Nuß erzählen und hört aufmerksam zu.
 
Jetzt wurde der Familie das Haus gekündigt. Von Hopferstadt wegziehen möchte die Familie aber nicht. Immerhin sind seit 2006 vier „echte Hopferstädter“ als Hausgeburten zur Welt gekommen. „Das verbindet uns doch mit dem Ort“, meinen die Eltern.
 
Auf dem roten Sofa hält der Landrat derweil Baby Chelestin-Josephin im Arm und entlockt dem schwarzhaarigen kleinen Engel ein Lächeln. Die Kleine scheint zufrieden. Zuhören war gefragt an diesem Nachmittag, zuhören und nachdenken.
 
 
Info:

Im Landkreis Würzburg wurden 2009 insgesamt 93 Familien mit  insgesamt 219 Minderjährigen durch die Sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) unterstützt. Hier sind die Arbeiterwohlfahrt und die Caritas für den Landkreis Würzburg pädagogisch tätig. Im Jahr 2009 betrugen die Kosten für die SPFH 429.000 Euro. Derzeit stehen 20 Familien auf der Warteliste des Amtes für Jugend und Familie.