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27.09.2022

Ausstellung »Die Retter von Baldersheim« im Landratsamt Würzburg
Vernissage mit Klarstellung zur Rolle von Nazi-Opfer Alfred Eck

Zivilcourage haben drei junge Männer aus dem Auber Ortsteil Baldersheim gezeigt, schon lange, bevor es diesen Begriff überhaupt gab. Im April 1945 sorgten Alfred Eck, Georg Neeser und Franz Engert für eine kampflose Übergabe ihres Ortes an die Amerikaner und konnten so zivile Opfer und Kriegszerstörungen verhindern. Alfred Eck bezahlte dafür mit seinem Leben. Er wurde am 7. April 1945 von einem unrechtmäßigen Standgericht der Wehrmacht als „Verräter und Deserteur“ auf dem Auber Marktplatz hingerichtet.

Über die Zeit des Nationalsozialismus in Aub, über das Leben und die Ermordung von Alfred Eck und das Gedenken an die Rettung von Baldersheim informiert derzeit eine Wanderausstellung, die noch bis zum 14. Oktober 2022 im Landratsamt Würzburg zu sehen ist.

Zur Eröffnung waren neben dem Auber Bürgermeister, Mitgliedern der Auber Geschichtswerkstatt und Schulamtsdirektorin Claudia Vollmar auch der Neffe und eine Nichte von Alfred Eck gekommen. An sie, die Nachkommen von Alfred Eck, richtete Landrat Thomas Eberth die Worte: „Es ist unglaublich, wie das Andenken Ihres Onkels unter der Behauptung, er sei ein Verräter und Deserteur gewesen, gelitten hat. Wir stehen tief in Ihrer Schuld, uns ehrlich und aufrichtig an die Geschehnisse im April 1945 zu erinnern.“

Respektvolle, an historischen Fakten orientierte Aufarbeitung

Denn, so Eberth weiter, Alfred Eck, Georg Neeser und Franz Engert waren keine Verräter. Sie haben gehandelt, um Menschen das Leben zu retten, um die Zerstörung Baldersheims zu verhindern. Die Geschichtswerkstatt hat mit ihrer anerkennenswerten Arbeit ein Bewusstsein geschaffen, mit dem es gelungen ist, einen respektvollen, an historischen Fakten orientierten Dialog zu fördern, um der ehrenvollen Tat von Alfred Eck gerecht zu werden.

Landrat Eberth verwies auf Parallelen in der deutschen Nachkriegsgeschichte: „Es gehört zu den bedrückenden Wahrheiten der deutschen Nachkriegsgeschichte, dass die Bundesrepublik es nicht besonders eilig hatte mit der Rehabilitierung all jener, die sich nicht mitschuldig machen wollten an Völkermord und Vernichtungskrieg. Das zeigt sich auch an dem Umgang mit einer der zentralen Persönlichkeiten des militärischen Widerstands, Claus Schenk Graf zu Stauffenberg. Noch in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre gab es keine gesellschaftliche Mehrheit dafür, eine Straße oder gar eine Schule nach Stauffenberg zu benennen. Noch posthum wurde dem Helden des 20. Juli vorgeworfen, seinen soldatischen Eid gebrochen zu haben.
Ein Eid übrigens, der als unwirksam angesehen werden muss, da er nicht auf eine Verfassung oder das Volk, sondern allein auf eine Person geleistet wurde.“

Benennung der Auber Grundschule nach Alfred Eck gescheitert

Bürgermeister Roman Menth erinnerte an die Historie: „1985 hatte der Auber Stadtrat anlässlich des 40-jährigen Kriegsendes mehrheitlich beschlossen, die Auber Grundschule nach Alfred Eck zu benennen. Die Benennung der Grundschule scheiterte damals aber an dem damaligen Schulamtsleiter Fritz Schäffer, der äußerte, dass eine Schule nicht „nach einem Verräter und Deserteur“ benannt werden sollte.“ „Das war eine Täter-Opfer-umkehrende Haltung, die wir so nicht stehen lassen können“, betonte Landrat Eberth.

Einem neuerlichen Antrag im Jahr 2015 zur Benennung der Grundschule nach Alfred Eck stimmte der Auber Stadtrat aus pädagogischen Erwägungen nicht zu, beschloss jedoch auf Anregung von Frank Stößel, eine Geschichtswerkstatt einzurichten, um die Thematik aufzuarbeiten sowie ein mehrstufiges Gedenken an Alfred Eck und die Retter von Baldersheim zu schaffen. Hieraus entstanden die Wanderausstellung, eine begleitende Broschüre und eine Homepage mit weiteren Informationen (www.alfred-eck.de).

Schulamtsdirektorin Claudia Vollmar, fachliche Leiterin der Schulämter in der Stadt und im Landkreis Würzburg, betonte: „Ich möchte der Familie von Alfred Eck heute mitteilen, dass ich mich als fachliche Leiterin des Schulamtes von den Äußerungen der Vergangenheit distanziere.“ Sie bedauere auch den emotionalen Schaden, den die Familie durch die falschen Behauptungen über Alfred Eck erleiden musste. „Ich bin sehr froh darüber, dass Schulklassen der weiterführenden Schulen ab der 5. Klasse Führungen zu dieser Ausstellung angeboten werden. Denn wir müssen Jugendlichen auch weiterhin das Thema des Nationalsozialismus und 2. Weltkrieges zumuten, auch das Schicksal von Alfred Eck - jedoch aus pädagogischen Gründen im richtigen Alter.“

Bürgermeister Roman Menth dankte Landrat Thomas Eberth und Schulamtsdirektorin Claudia Vollmar, dass beide die diffamierende Aussage von Fritz Schäffer endlich richtiggestellt haben und so der mutigen, selbstlosen Tat von Alfred Eck, Georg Neeser und Franz Engert nunmehr öffentlich Gerechtigkeit und Anerkennung widerfahren ist.

Alle waren sich einig, dass aufgrund des zunehmenden Fehlens von Zeitzeugen die Erinnerungskultur erneuert und angepasst werden muss. „Denn Erinnern und Mahnen für die Zukunft ist wichtiger denn je“, so Landrat Thomas Eberth.

Die Ausstellung „Die Retter von Baldersheim“ ist bis zum 14. Oktober 2022 im Landratsamt Würzburg, Zeppelinstraße 15, Haus 1,1. OG zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes zu sehen (montags bis donnerstags 7.30 – 16.30 Uhr, freitags 7.30 bis 12 Uhr. Führungen für weiterführende Schulen können bei der Stadt Aub unter Tel. 09335-9710-0 oder info@vgem-aub.bayern.de angefragt werden.