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24.07.2009

Ausstellung der Binationalen Geschichtswerkstatt:
»Ehemalige jüdische Gemeinde Aub«


Im Rahmen des deutsch-israelischen Jugend- und Schüleraustausches erarbeitete eine Schülergruppe des Deutschhaus-Gymnasiums Würzburg (DHG) eine Ausstellung zur ehemaligen jüdischen Gemeinde Aub. Die Ausstellung wurde von Schulleiter Norbert Baur und Landrat Eberhard Nuß am 13. Juli 2009 eröffnet und ist derzeit im DHG zu sehen.
 

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Landrat Eberhard Nuß (5.v.r.) eröffnete mit Schulleiter Norbert Baur (4.v.r.) die Ausstellung der Geschichtswerkstatt im Deutschhaus-Gymnasium Würzburg. 

 

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Schülerinnen der Geschichtswerkstatt erklären Landrat Nuß die Symbolik der jüdischen Grabsteine, die sie in Aub erforscht haben. 
  
 
Grußwort von Landrat Eberhard Nuß zur Ausstellungseröffnung:
 
Ein jüdisches Sprichwort sagt:
„Wenn du deine Träume erfüllt sehen willst, darfst du nicht schlafen.“
Die heutige Ausstellungseröffnung zeigt: Hier haben viele hellwache Köpfe daran gearbeitet, dass ein Traum ein Stück weiter verwirklicht werden kann. Ein Traum, den Deutsche und Israelis gemeinsam träumen. Den Traum vom Frieden.
 
Wenn junge Menschen aus zwei Völkern, die vor zwei Generationen noch Opfer und Täter waren, zusammen an der Erforschung der gemeinsamen Vergangenheit arbeiten, schöpfe ich Hoffnung. Denn Frieden wächst auf der Grundlage von Verständnis und Vertrauen.
 
Verständnis kann nur durch Verstehen des anderen, durch die Beschäftigung mit der Geschichte und den Wurzeln des anderen wachsen. Die Beschäftigung mit der Geschichte des Landjudentums in Aub, mit den steinernen Zeugnissen und Überresten, die Gespräche mit Zeitzeugen, tragen hierzu bei.
 
Vertrauen entsteht, wenn sich Menschen begegnen, wenn man gemeinsam Zeit verbringt, wenn man zusammen arbeitet, lernt, lacht und feiert. Der deutsch-israelische Jugend- und Schüleraustausch zwischen dem DHG und der Ein Karem Highschool ermöglicht diese Begegnungen, die immer wieder zu Freundschaften werden.
 
Den Traum von einem friedlichen Miteinander träumten auch die ehemaligen jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger in unseren Landkreisgemeinden. In mehr als 20 Orten unseres heutigen Landkreises gab es jüdische Gemeinden.
 
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten und arbeiteten rund 80 Prozent der jüdischen Bevölkerung in den fränkischen Landesteilen. Die meisten von ihnen wohnten nicht in den Städten, sondern in den kleinen Landgemeinden.
 
In Aub war im Jahr 1890 10,8 Prozent der Bevölkerung jüdisch. Das waren 115 Menschen, die dort als Vieh-, Leder- oder Kolonialwarenhändler, als Lehrer und Rabbiner, als Mütter und Väter, als Kinder und Jugendliche lebten. 1933 war Aub die größte jüdische Gemeinde des Landkreises, die Kultusgemeinde zählte damals 73 Mitglieder. Mit dem Terror der Naziherrschaft gingen alle jüdischen Gemeinden unter, die Menschen wurden verjagt und ermordet.
 
Es gleicht einem Wunder, dass es heute wieder eine jüdische Kultusgemeinde in Würzburg gibt. Und ich freue mich besonders, dass die von Ihnen erarbeitete Ausstellung auch dort, im Shalom Europa, zu sehen sein wird. Das hätte sich in Würzburg vor 50 Jahren niemand träumen lassen.
 
Verständnis und Vertrauen zu fördern ist ein Anliegen unseres Jugendaustausches. Schon die gemeinsamen Arbeiten am Friedhof in Allersheim brachten beeindruckende Erfahrungen und Ergebnisse für alle beteiligten Schülerinnen und Schüler.
 
Die Geschichtswerkstatt zur ehemaligen jüdischen Gemeinde Aub greift diesen Faden auf. Ich danke hier ganz besonders Klaus Rostek, dem stellvertretenden Leiter des Kreisjugendamtes und Beauftragten des Landkreises für den Jugendaustausch mit unserem Partnerlandkreis Mateh Yehuda, für sein großes Engagement. Ebenso danke ich Andrea Sterzinger-Seitz vom DHG, die gemeinsam mit Klaus Rostek im letzten Jahr die Geschichtswerkstatt zur ehemaligen jüdischen Gemeinde Aub ermöglicht hat.
 
Natürlich gelingt ein solches Projekt nur, wenn aufgeschlossene, interessierte Jugendliche ans Werk gehen. Die bereit sind, sich mit dem Inhalt des Projekts, und auch mit den bislang fremden Schülern auseinanderzusetzen. Die bereit sind, einen gemeinsamen Traum zu träumen. Dafür danke ich Ihnen allen.
 
Mitzuwirken, um den Traum vom Frieden zu verwirklichen, das war auch der Beweggrund meines Amtsvorgängers Altlandrat Waldemar Zorn, als er die beiden Landkreispartnerschaften mit Mateh Yehuda in Israel und dem jetzigen Landkreis Olmütz in Tschechien begründete. Waldemar Zorn wählte bewusst zwei Länder aus, mit denen sich eine problematische Geschichte für uns Deutsche verbindet. Versöhnungsarbeit statt touristische Reisen, ein achtsames, aufgeschlossenes Kennenlernen, sich verstehen lernen und sich vertrauen lernen war und ist das Ziel dieser Landkreispartnerschaften.
 
Ich habe diese Aufgabe sehr gerne übernommen und führe sie aktiv weiter. Der Jugendaustausch mit Mateh Yehuda ist ein wichtiger Fixpunkt dabei. Auch die Partnerschaft in Tschechien möchte ich zukünftig auf die Grundlage einer Jugendbegegnung stellen.
 
Unseren Vorfahren ist das friedliche Miteinander von Deutschen und Juden nicht gelungen. Diese steinernen Zeugnisse des Landjudentums in unserer Region, in Aub, in Allersheim, in Gaukönigshofen, in Zell, in Rimpar, in Veitshöchheim und anderswo sind uns Mahnmale, dass jede Generation die Aufgabe hat, für Toleranz, Verständnis, Vertrauen und damit für den Frieden einzutreten und daran zu arbeiten.
 
Wenn das gelingt, dann gilt:
Wenn einer allein träumt, ist es nur ein Traum.
Wenn Menschen gemeinsam träumen,
ist es der Beginn einer neuen Wirklichkeit.
 
Ich danke Ihnen allen, die Sie an dieser neuen Wirklichkeit mitarbeiten.