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14.01.2022

Ein Ziel zwei Strategien: Gemeinsames Wohnraumkonzept von Stadt und Landkreis Würzburg wird konkreter

Der Wohnungsmarkt in der Stadt und Teilen des Landkreises Würzburg ist seit Jahren angespannt. Die Nachfrage wächst, gleichzeitig ist das Angebot knapp. Steigende Mieten und hohe Kaufpreise für Immobilien sind das Ergebnis. Und eine Entspannung der Situation ist ohne gezieltes Handeln nicht in Sicht. Dessen ist sich der Geograf Tobias Jacobs vom Leipziger Beratungsbüro Timourou sicher. Beauftragt von Stadtverwaltung und Landratsamt hat er in der vergangenen Sitzung des Interkommunalen Ausschusses für Stadt und Landkreis Würzburg Einblicke in die Ergebnisse des gemeinsamen „Handlungskonzepts Wohnen“ gewährt und erstmals konkrete mögliche Handlungsfelder präsentiert.

Zur Erinnerung: Im Juli 2020 hatte der interkommunale Ausschuss eine gemeinsame Aktualisierung und Fortschreibung des Handlungskonzeptes Wohnen der Stadt unter Berücksichtigung der Entwicklung und Bedürfnisse im Landkreis Würzburg befürwortet. Bei einer Ausschreibung hatten die Wohnungsmarkt-Berater von Timourou den Zuschlag erhalten und seitdem zusammen mit dem Fachbereich Stadtplanung der Universitätsstadt und der Kreisentwicklung am Landratsamt Würzburg ein Konzept erarbeitet.

„Viele Themen wie Klimaschutz, Mobilität, Arbeiten aber eben auch Wohnen stehen auf unserer gemeinsamen, interkommunalen Agenda“, betonen Landrat und Oberbürgermeister. Das Thema Wohnen im speziellen biete ein vielfältiges Bild in Stadt und Land, um gemeinsame Strategien in Verbindung mit Mobilität auch für den ländlichen Raum und damit gegen den Demografischen Wandel zu entwickeln.

Stadt und Landkreis Würzburg erhalten steten Zuwachs

Tobias Jacobs zeigte den IKA-Mitgliedern zunächst, wo die Reise in den kommenden Jahren hingeht: Insgesamt gehe er von einer weiter wachsenden Nachfrage am Wohnungsmarkt aus. Stadt und Landkreis seien in den vergangenen sechs Jahren um jeweils gut 3500 Einwohner gewachsen. Aufgrund der angespannten Lage im Stadtgebiet sei dabei zugleich eine Abwanderung in den Landkreis zu beobachten. Dass sich Stadt und Landkreis nun um einen gemeinsamen Weg am Wohnungsmarkt bemühen, sei „ein besonderes Format“, befand der Experte, „aber auch logisch“. Denn auch er habe festgestellt, dass der Wohnungsmarkt der Stadt Würzburg und der des Umlandes stark miteinander verflochten seien.

Konkrete Zielsetzung: 1200 zusätzliche Wohnungen bis 2025

Jacobs schlug daher vor, ein gemeinsames Ziel zu vereinbaren und dafür eine jeweils passgenaue Strategie für Stadt und Kreisverwaltung auszuarbeiten. Tatsächlich liegen derzeit bereits Entwürfe bei den jeweiligen Ämtern vor. In der Stadtplanung wird ganz konkret etwa um die kurzfristige Schaffung von 1200 Wohnungen bis 2025 anvisiert, rund 500 zusätzliche mietpreisgebunden.

Doch geht es bei alledem längst nicht mehr nur um die Menge, sondern auch um die Art der Wohnungen. Im Landkreis etwa sollen künftig auch neue Wohnformen und der Geschosswohnungsbau stärker in den Fokus genommen werden. Anhand von Typisierungen der Wohnmärkte sollen unterschiedliche Handlungsstrategien sogar bis auf die Ebene der einzelnen Kommunen oder der interkommunalen Allianzen heruntergebrochen werden.

Eines der Hauptziele sei, so der Wohnungsmarkt-Forscher, die Wohnungsmärkte in Stadt und Landkreis Würzburg zu entspannen und damit den Mietpreisanstieg zu bremsen. Dafür gelte es, preiswerten Wohnraum zu schaffen und, wo bereits vorhanden, zu erhalten. Außerdem sollten die Wohnumfelder in den kommenden Jahren auch noch mehr seniorengerecht angepasst werden und auf eine bessere soziale Mischung geachtet werden. Verschiedene Formen an altersgerechten Wohnungen würden in den kommenden Jahren vor allem im Landkreis an Bedeutung gewinnen. Langfristig sollen laut Jacobs „kompakter gebaute Alternativen“ zum Einfamilienhaus und ein sparsamer Flächenverbrauch angestrebt werden.

Prognosen bis 2035 verweisen auf eine unsichere Zukunft

Für die Steuerung des Wohnungsangebotes bedarf es aber auch flexibler Strategien. Denn für die Stadt Würzburg liegen derzeit zwei verschiedene Prognosen der zukünftigen Entwicklung vor, eine des Landesamtes für Statistik, die von geringen Zuwanderungsgewinnen ausgeht und eine der städtischen Statistikstelle, die höherer Wanderungsgewinne annimmt. Beides sei laut Tobias Jacobs plausibel und habe auch Auswirkungen auf den Landkreis. Umso wichtiger sei künftig die regelmäßige Abstimmung zwischen Stadt- und Landkreisverwaltung.

„Die Stadt Würzburg hat nur ein begrenztes Neubaupotenzial von Einfamilienhäusern, wie auch die Studie des Büros Timourou für die kurz- und mittelfristige Zukunft belegt, die die relevanten Wohnungsmarktdaten und die Ergebnisse der Wohnungsmarktprognose 2035 zusammenfasst“, betont Oberbürgermeister Christian Schuchardt. „Auch bei Mehrfamilienhäusern sind kurzfristige Neubauten weiterhin nötig. Trotz aller Bautätigkeit ist und bleibt der städtische Wohnungsmarkt angespannt. Dies führt zu weiterer Suburbanisierung wie Einpendlung. Der Wohnungsmarkt endet also nicht an der Grenze der Stadt. Daher macht es Sinn, auch das Thema Wohnen gemeinsam mit dem Landkreis anzugehen, um gemeinsame Lösungen zu entwickeln.“

„Singlewohnungen für junge und ältere Menschen, Wohnraum im Alter, WGs für alle Generationen, Nachverdichtung, Innenentwicklung, bezahlbarer Wohnraum, energieeffizientes Wohnen und viele andere Stichworte müssen bearbeitet werden, um den Bedarf an Wohnungen für die unterschiedlichen Bedürfnisse der Bevölkerung zu decken. Daher ist eine Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis, den Landkreisgemeinden und der Stadt Würzburg immens wichtig“, so Landrat Thomas Eberth.

Handlungskonzept wird bis Mitte 2022 im Stadtrat und Kreistag vorgelegt

Basierend auf den Analysen und Handlungsvorschlägen des Beratungsbüros Timourou empfahl der interkommunale Ausschuss stadt.land.wü. einstimmig, die Zielsetzung und Handlungsansätze gemeinsam anzugehen. Stadt und Landkreis Würzburg sowie den kreisangehörigen Gemeinden wird damit empfohlen, an der Umsetzung zusammen zu arbeiten. Eine Vorstellung der jeweiligen Ergebnisse und Maßnahmenempfehlungen für das Handlungskonzept Wohnen soll noch im ersten Halbjahr 2022 im Stadtrat und Kreistag vorgelegt werden.