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04.04.2022

Katastrophenhilfe aus dem Landkreis Würzburg: Freiwillige sägen knapp 600 Ster Holz im Ahrtal

Mitte 2021 ließen sturzflutartige Regenfälle den Fluss Ahr zu einem reißenden Strom anschwellen. Die Wassermassen wälzten sich durch einen ganzen Landstrich an der Grenze zwischen Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen, mehr als 130 Menschen verloren dabei ihr Leben. Und auch ein dreiviertel Jahr später kämpfen die Menschen im Ahrtal noch mit den Folgen der Katastrophe. Über den Winter hatte vor allem die zerstörte Infrastruktur von Versorgungsleitungen Sorgen bereitet. Viele Betroffene stellten daher die Beheizung ihrer zum Teil noch immer feuchten Häuser kurzerhand auf Holzöfen um. Doch diese müssen befeuert werden.

Bereits zum vierten Mal war daher kürzlich eine Gruppe Freiwilliger im Ahrtal, um für die dortige Bevölkerung Brennholz aufzubereiten. Drei Tage lang sägten die rund 30 Helferinnen und Helfer im Akkord Holz in ofengerechte Stücke. Das stolze Ergebnis: Knapp 600 Ster Brennholz konnten den Menschen im Ahrtal zur Verfügung gestellt werden.

Mit „im Gepäck“ hatte der in Ochsenfurt gestartete Hilfskonvoi außerdem 16 Silage-Ballen, die an einen Landwirt in Binzenbach gespendet wurden. Nach der Überschwemmung von dessen Wiesen, konnte der Bauer seine Tiere nicht mehr mit eigenem Futter versorgen. Weitere Hilfe kam seitens des Technischen Hilfswerks (THW) Ochsenfurt. Eine Abordnung in Blau hatte den Holzplatz beleuchtet und die Gruppe verpflegt. Kreisbrandinspektor Markus Dürr und Kreisbrandmeister Heiko Menig begleiteten den Konvoi mit einem eigenen Transportfahrzeug und ihrer Tatkraft.

Die Aktion wurde zum Großteil von Helferinnen und Helfern aus dem Landkreis Würzburg gestemmt. Als Kopf der Truppe fungierte allerdings Land- und Forstwirt Martin Breunig aus Hemmersheim im Landkreis Neustadt an der Aisch.

Landkreis Würzburg spendierte Benzin und Verpflegung

Landrat Thomas Eberth hatte dem Hilfs-Konvoi im Vorfeld auch die Unterstützung des Landkreises zugesagt. Das Landratsamt Würzburg hatte kurzfristig einen Zuschuss zu den Benzinkosten ermöglicht und einen Teil der Verpflegung übernommen. Eberth selbst begleitete gemeinsam mit Kreisbrandrat Michael Reitzenstein die Helfer-Gruppe aus Ochsenfurt für einen Tag.

Vor Ort erkundigte er sich, welche Hilfen künftig noch benötigt würden – und das nicht nur bei den vielen Freiwilligen, sondern auch bei den Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen. Einem Treffen vor Ort wohnten unter anderem die Kreisbeigeordnete Christina Steinhausen als Repräsentantin des Landkreises Ahrweiler sowie Ahrbrücks Ortsbürgermeister Walter Radermacher.

Landrat Eberth im Dialog mit den Menschen vor Ort

Im Gespräch gab die Kreisbeigeordnete Steinhausen einen ungefilterten Blick auf die derzeitige Situation: Strom ist vielerorts noch immer nicht oder nur rudimentär vorhanden. Holzöfen und Brennholz werden daher zusammen mit Kleidung, Verpflegung und verschiedenen Baustoffen auch kostenlos zur Verfügung gestellt. Da es in großen Teilen kein Abwasser gibt, errichtete das Deutsche Rote Kreuz vergangenen Herbst eine mobile Kläranlage – eine Einrichtung, die üblicherweise in Entwicklungsländern zum Einsatz kommt.

Brücken über die Ahr stehen – wenn überhaupt noch – ohne Zu- und Abfahrt inmitten der zerstörten Landschaft. Zur Orientierung bei Dunkelheit wurde eine Not-Beleuchtung eingerichtet: Straßenlaternen wurden zu Gaslampen umfunktioniert, die Behälter müssen täglich wieder befüllt werden. „Unglaubliche Bilder haben sich in meinen Kopf eingebrannt: Zerstörte Häuser, fehlende Infrastruktur, ein Zug im nirgendwo ohne Gleise. Unfassbar!“, zeigt sich Landrat Eberth schockiert.

Schätzungen zufolge werde der Wiederaufbau der Region dennoch mindestens vier bis fünf weitere Jahre oder länger andauern, so Christina Steinhausen. Und das obwohl die Hilfe von Menschen aus dem gesamten Bundesgebiet noch immer ungebrochen groß ist. Erkennbar an den vielen unterschiedlichen Autokennzeichen reisen jeden Tag noch immer Dutzende Handwerker aus ganz Deutschland in die Region, um den Menschen dort unentgeltlich zu helfen. Die menschlichen Tragödien seien jedoch auch trotz der großen Solidarität kaum zu verkraften.

Helferinnen und Helfer haben Tatkraft und Hoffnung im Gepäck

Gemeinsam wurde eine Fahrt durch das zerstörte Tal unternommen um das Ausmaß der Schäden überhaupt zu erfassen. „Im Ahrtal gibt es ein ungekanntes Ausmaß an Zerstörung und Not. Aber eben auch Bagger, unzählige Freiwillige und Menschen, die nicht aufgeben“, stellt Landrat Eberth fest. „Es ist unglaublich, wenn es am Nötigsten fehlt. Das Holzscheit wird zum wärmenden Grundbedürfnis.“

Die Hilfe aus der Region Würzburg kommt also dort an, wo sie benötigt wir. Zusätzlich zur Holzaktion wird dort gemauert, hier eine Leitung verlegt oder eine Wasserleitung angeschlossen. „Die Helferinnen und Helfer sind verbunden mit den Menschen der Region und das gibt den Betroffenen Kraft, weiteren Mut und Hoffnung“, zeigt sich auch Kreisbrandrat Michael Reitzenstein beeindruckt. „Und das ist derzeit neben der Grundversorgung vielleicht genauso wichtig“, sind sich Reitzenstein und Eberth sicher.