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15.03.2011

Landrat Eberhard Nuß: Haushaltsrede 2011

Gehalten am 14.03.2011 im Kreistag
 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
 
in der Haushaltsrede des vergangenen Jahres habe ich aufgeführt, dass wir mit der Verabschiedung des Kreishaushaltes 2010 eine historische Besonderheit erleben, es ist nämlich der letzte Haushalt in kameraler Form im Landkreis Würzburg.
 
Ich hatte diese Prognose gewagt, weil ich wusste, dass wir - aufgrund der guten und umfangreichen Vorarbeiten der Verwaltung und der Politik - punktgenau zum 01.01.2011 einen Haushalt vorlegen werden, der nach den Regeln der kommunalen Doppik aufgestellt und abgewickelt wird.
 
Schon seit dem Jahreswechsel 2011 bucht der Landkreis Würzburg nach den Regeln der kommunalen Doppik und Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt im Entwurf für das Haushaltsjahr 2011 der erste doppische Haushalt des Landkreises Würzburg vor.
 
Was jetzt noch fehlt, ist die Eröffnungsbilanz. Diese wird derzeit in enger Zusammenarbeit mit unserem Beratungsunternehmen Rödl & Partner vorbereitet und erstellt. Die Vermögensbewertung ist weitgehend abgeschlossen. In Bälde werden uns die Ergebnisse übergeben. Sie werden geprüft und fließen dann in die Bilanz ein. Ich gehe davon aus, dass die Eröffnungsbilanz dem Kreistag nach der Sommerpause vorgestellt werden kann.
 
Mir war es wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir uns auf dem Weg in die Doppik gegenseitig mitnehmen. Aus diesem Grund haben - neben hausinternen Seminaren - auch zwei Fortbildungsveranstaltungen für interessierte Kreisrätinnen und Kreisräte stattgefunden. Und diese sind auf großes Interesse gestoßen. Daneben stand die Finanzverwaltung – wie seit Jahren üblich - den Fraktionen des Kreistages für ihre Haushaltsberatungen zur Verfügung.
 
Ich möchte mich auf diesem Wege auch in Ihrem Namen bei der gesamten Finanzverwaltung für ihren bisherigen Einsatz, den die Umstellung des Haushaltes auf die kommunale Doppik gefordert hat, ausdrücklich und ganz herzlich bedanken.
 
Der uns zur Beratung vorliegende doppische Haushaltsplan-Entwurf gliedert sich, wie gesetzlich vorgeschrieben,

  • in den Ergebnisplan,
  • den Finanzhaushalt,
  • den Teilfinanzplan für die Investitionsmaßnahmen,
  • die Teilhaushalte
  • und den Haushaltsquerschnitt.

An die Stelle der früher gebräuchlichen Haushaltsstellen sind die Produktenkonten getreten. Der gesamte Produktenplan wurde Ihnen als pdf-Datei zugesandt. Zum generellen Ausdruck eignet sich dieses insgesamt 874 Seiten starke Werk aus ökologischen und aus ökonomischen Gründen nicht mehr. Mit Vorentwurf und beschlossener Version müssten fast 130.000 Seiten gedruckt werden und das kann niemand wollen.
 
Aus diesen verständlichen Gründen wurde Ihnen nur eine ausgewählte Produktübersicht beigefügt, die nach Ansicht der Verwaltung für die Beratungen des Haushaltes interessant sein könnte. Die ausgewählten Produkte sind nur als Beispiel zu verstehen. Wir sollten für den Haushalt 2012 gemeinsam darüber entscheiden, welche ausgewählten Produkte in den Plan aufgenommen werden sollen.
 
Meine Damen und Herren, ich weiß, dass Sie in Ihren Fraktionen den Haushaltsentwurf 2011 intensiv beraten haben. Ich erspare es mir deshalb, auf einzelne Zahlen einzugehen. Lassen Sie mich stattdessen einige grundsätzliche Anmerkungen machen, zum Beispiel zur eingeplanten Kreisumlage mit einem Hebesatz von 46 %. Das ist ja für uns Kreispolitiker immer einer der zentralen Punkte unserer Debatte.
 
Im vergangenen Jahr hätte man sicherlich über eine Reduzierung der Kreisumlage nachdenken können, vor allem auch wegen einer um einiges höheren Schlüsselzuweisung als erwartet. Aber, wir standen damals noch mitten in der Wirtschafts- und Finanzkrise und niemand konnte auch nur im Ansatz prophezeien, wie sich diese Krise in den Folgejahren auswirkt.
 
Wir waren uns deshalb nach intensiver Beratung mehrheitlich einig, dass es in Anbetracht der Situation sinnvoller ist, die Kreisumlage im Haushaltsjahr 2010 stabil zu halten und alles daran zu setzen, dass auch im Haushaltsjahr 2011 der Hebesatz stabil bleibt.

Und letzteres war im Oktober 2010 auch meine Vorgabe an die Verwaltung, nämlich einen Haushalt 2011 zu planen, der folgendes beinhaltet:

  • alle vom Kreistag und seinen Fachausschüssen vorgesehene Ausgaben,
  • alle bereits beschlossenen und konkret ins Auge gefassten Investitionen,
    • ich erwähne nur beispielhaft die umfangreiche Sanierung und den Bau der Sportstätten an der Realschule in Ochsenfurt
    • sowie die Schaffung von Büroflächen auf dem Gelände der Sparkasse Mainfranken in der Wittelsbacher Straße hier in Würzburg,
    • und das bei gleichbleibender Kreisumlage von 46 %
    • und - keine neuen Schulden! 

Ein hoher Anspruch und dabei waren die Vorzeichen alles andere als günstig: 

  • Die Schlüsselzuweisungen vermindern sich um knapp 1,4 Mio. Euro.
  • Der Ertrag der Kreisumlage sinkt bei gleichbleibendem Hebesatz um etwa 2,1 Mio. Euro,- wenn Sie sich erinnern: das war 2010 noch genau umgekehrt der Fall -.
  • Die Bezirksumlage steigt trotz sinkender Umlagekraft wegen der Erhöhung des Hebesatzes um 2,1 Mio. Euro.

Dass diese Mehrbelastung von über fünf Millionen Euro im Haushalt 2011 geschultert werden konnte, verdanken wir – neben anderen Faktoren - nicht zuletzt auch der Tatsache, dass die Kreisumlage im vergangenen Jahr nicht gesenkt worden ist.
 
Aus dem Finanzplan, der Ihnen vorliegt, ergibt sich, dass bei einem gleichbleibenden Hebesatz von 46 %-Punkten erst im Haushaltsjahr 2014 zur Finanzierung der Investitionen wieder mit einer Kreditaufnahme zu rechnen ist.
 
Bis dahin sollten wir ein zartes Pflänzlein, das wir 2006 eingepflanzt haben, sorgsam pflegen. Seit dem Haushaltsjahr 2006 baut der Landkreis kontinuierlich seine Schulden ab. Die Grafik auf der vorletzten Seite des Haushaltsplanes macht diese Entwicklung auch optisch deutlich.
 
Meine Damen und Herren, die Aufgaben eines Landkreises sind, wie Sie wissen, vielfältig. Selbstverständlich muss das gesamte Spektrum der Pflichtaufgaben vom staatlichen Verwaltungsbereich bis hin zur sozialen Absicherung von einem Landkreis bedient werden. Hierüber müssen wir nicht große Worte verlieren.
 
Sowohl im Bereich der Jugendhilfe wie im Bereich der sozialen Absicherung - hier insbesondere durch die Option nach dem SGB II – leistet der Landkreis Würzburg hervorragende Arbeit und die hierzu benötigten Mittel sind, wie von den Fachausschüssen vorgeschlagen, auch in diesem Haushalt vorgesehen.
 
Bei seinen übrigen Aufgaben muss der Landkreis Schwerpunkte setzen, und wir als Kreisrätinnen und Kreisräte setzen seit Jahren diese Schwerpunkte auch vor allem in den Bereichen:

  • Schulen und Bildung,
  • sowie Förderung und Ausbau der Senioreneinrichtungen.

Also genau im empfindlichen Bereich von Menschen, die gewöhnlich nicht über die größte Lobby in unserer Gesellschaft verfügen.
 
Als dritten Schwerpunkt darf man für den Bereich des Landkreises mit gutem Gewissen auch das Thema ÖPNV bezeichnen. Auch hier sind wir in der Gesamtheit des Kreistags dabei, wenn es darum geht, Verbesserungen für unsere Bürger durchzusetzen.
 
Im Bereich der Bildung, insbesondere im weiten Feld der weiterführenden Schulen, hat dieser Kreistag Meilensteine gesetzt

  • beim Bau des Landkreis-Gymnasiums in Veitshöchheim,
  • beim Aus- und Umbau des Berufsbildungszentrums Ochsenfurt zu einem modernen Kompetenzzentrum im Bereich der beruflichen Bildung,
  • bei der Generalsanierung des Deutschhaus-Gymnasiums,
  • bei der Sanierung und dem Anbau der Realschule Höchberg,
  • bei der Erweiterung und Generalsanierung der Realschule Ochsenfurt mit Sport- und Schwimmhalle.

Für diese Maßnahmen hat der Landkreis Würzburg im Laufe der vergangenen Jahre Millionenbeträge zur Verfügung gestellt und wird dies auch in naher Zukunft so fortsetzen. Die laufende Sanierungsmaßnahme der Realschule am Maindreieck in Ochsenfurt wird uns am Ende allein mehr als 20 Mio. Euro kosten.
 
Die Schullandschaft im Landkreis Würzburg im Bereich der von uns getragenen weiterführenden Schulen hält höchsten Qualitätsansprüchen stand und darf,

  • was den baulichen Zustand,
  • aber auch die Ausstattung angeht,

als hervorragend und beispielhaft bezeichnet werden.
 
Das ist ein Ergebnis unserer eigenen Überzeugung, auf das wir alle zu Recht stolz sein können. Man darf nicht nur „ja“ zur Bildung sagen, man muss dort, wo man in der Pflicht ist, auch das seinige dazu beitragen. Wir gehen als Kreistag sogar noch über unsere Pflichtaufgaben hinaus.
 
Mit unserem kürzlich gefassten Beschluss, am Deutschhaus-Gymnasium die gebundene Ganztagsschule auf den Weg zu bringen, tragen wir modernen Anforderungen an Schule und Lernen Rechnung. Selbstverständlich sind Angebote wie die offene Ganztagsschule an den Landkreisschulen bereits vorhanden. Wir vergessen auch die Kleinsten der Gesellschaft nicht. Nach dem Abschluss der Sanierungsarbeiten für die Realschule Ochsenfurt werden wir uns den Förderschulen zuwenden.
 
Als klares Signal in diese Richtung wurde im Finanzplan für das Jahr 2014 für die Sanierung der Förderschulen ein Betrag in Höhe von 2 Mio. Euro zur Anfinanzierung aufgenommen. Den zweiten Schwerpunkt bilden die Senioreneinrichtungen. Seniorenpolitik betreibt der Landkreis über seine Gesellschaft „Senioreneinrichtungen des Landkreises Würzburg gGmbH“.
 
Unter ihren Fittichen wird zum Beispiel das Flaggschiff dieser GmbH, die Seniorenwohnanlage am Hubland,

  • ständig ausgebaut,
  • neuen Anforderungen, wie zum Beispiel der Pflege von Demenzerkrankten, angepasst
  • und laufend modernisiert. 

Um eine flächendeckende Versorgung mit Senioreneinrichtungen sicherzustellen, werden neue Einrichtungen in Eibelstadt, Estenfeld und Kürnach errichtet. Die bestehenden Einrichtungen in Ochsenfurt und Aub werden komplett erneuert und der Bestand der Einrichtungen in Rimpar und an der Main-Klinik (CURVITA) wird gesichert.
 
Es ist das Bestreben des Landkreises Würzburg, sowohl dem Bildungsauftrag durch moderne Schulen wie auch dem Fürsorgeauftrag für seine älteren Mitbürger durch modernste Senioreneinrichtungen gerecht zu werden. Dies ist dem Landkreis und seinen Einrichtungen, wie ich glaube, auch durch große finanzielle Anstrengungen sehr gut gelungen.
 
Der dritte Schwerpunkt, von dem ich gesprochen habe, ist der öffentliche Personennahverkehr. Hier bedient sich der Landkreis Würzburg seines Kommunalunternehmens, auf welches diese Aufgabe übertragen wurde.
 
Aufbauend auf die Leistungen unserer Vorgänger, kann es sich der Landkreis Würzburg auf die Fahne schreiben,

  • dass er überall dort, wo es bislang sinnvoll, von den Konzessionen her und auch finanziell machbar war, Taktverkehre eingeführt,
  • und daneben das Verbundgebiet Schritt für Schritt erweitert hat.

Als nächstes brauchen wir den Taktverkehr nach Giebelstadt und in diesem Zusammenhang eine spürbare Verbesserung der Situation für die Bürgerinnen und Bürger im südlichen Landkreis Würzburg. Die Kolleginnen und Kollegen im Verwaltungsrat des KU´s wissen das und werden in den nächsten Monaten die notwendige Weichenstellung vornehmen.
 
In der Verbunderweiterung kommen wir voran: Die Verbunderweiterung mit dem Landkreis Kitzingen ist abgeschlossen. Die Verhandlungen mit dem Landkreis Main-Spessart sind weit gediehen. Alles, was wir seitens der NWM tun konnten, haben wir getan. Wir warten jetzt auf die notwendigen Gremienbeschlüsse unserer Kreistagskollegen im Nachbarlandkreis.
 
Als nächstes großes Ziel – und sicherlich auch als schwierigster Teil der Aufgabe - verbleibt der Bereich Schweinfurt. Aber auch da laufen Verhandlungen mit Stadt und Landkreis auf höchster Ebene und aufgrund unseres Antrags nun auch in der neuen Region Mainfranken GmbH.
 
Meine Damen und Herren, ich glaube, ich darf in unser aller Namen sagen: der Kreistag des Landkreises Würzburg macht – unter erheblichen finanziellen Kraftanstrengungen – eine nachhaltige Politik zugunsten seiner Bürgerinnen und Bürger jeden Alters.
 
Ein Teil der Nachhaltigkeit ist sicher auch die Umstellung auf das doppische Rechnungswesen, weil dieses System dem Gedanken von Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit am nahesten kommt. Auch der Abbau der Verschuldung ist beim Landkreis Würzburg Ausdruck einer auf Nachhaltigkeit angelegten Finanzpolitik, und das sind wir den künftigen Generationen schuldig.
 
Wir müssen dafür sorgen, dass auch unsere Nachfolger noch finanzielle Spielräume für die Gestaltung des Landkreises Würzburg haben! Ich lege auch großen Wert auf die Feststellung, meine Damen und Herren, dass die Entschuldung des Landkreises nicht auf dem Rücken der Gemeinden geschieht. 
Ich habe mir im Oktober letzten Jahres, als es für mich an die Vorbereitung des Haushalts 2011 ging, als erstes die Zahlen der Gemeinden geben lassen.
 
Und siehe da: die Gemeinden haben parallel zum Landkreis, auch vom Jahr 2006 an, konsequent Schulden abgebaut. Der Gesamtschuldenstand der Landkreisgemeinden betrug zum 31.12.2005 knapp 77,7 Mio. Euro und hat sich zum 31.12.2009 auf 60,5 Mio. Euro eingependelt. Dies zeigt, dass die Entschuldung des Landkreises mit einer Entschuldung der Landkreisgemeinden einher ging. Die Entschuldung der Gemeinden erfolgte sogar ungefähr im gleichen Prozentsatz wie beim Landkreis. Im Jahr 2010 hat sich der Schuldenstand der Gemeinden wieder leicht erhöht. Das liegt daran, dass sich die Gemeinden, die am Konjunkturpaket II teilnehmen konnten, innerhalb eines Jahres das Geld für ihre Eigenanteile besorgen mussten.
 
Die Ziele für die nächsten Jahre sind für mich klar definiert: Neben dem Schuldenabbau wird die Verwaltung mit dem Landrat an der Spitze alles dafür tun, den Kreisumlagehebesatz möglichst lange stabil zu halten, um den Gemeinden Planungssicherheit zu geben, und um auch diesen eine nachhaltige Haushaltspolitik zu ermöglichen.
 
Ein Ergebnis der Verhandlungen über die Höhe des Hartz IV-Regelsatzes und die Einführung des Bildungs- und Teilhabepaketes ist die Aussage,
dass der Bund in den kommenden Jahren schrittweise die bisher von den Kommunen getragenen Kosten für die Grundsicherung gemäß den Vorschriften des SGB XII übernimmt. 

Ziel dieser Kostenübernahme ist eine Entlastung der Kommunen, wobei ich unter Kommunen ganz selbstverständlich den Landkreis und die Gemeinden verstehe. In der Fraktionssprecherrunde am vergangenen Donnerstag waren wir einhellig der Meinung, dass im Laufe des Jahres darüber zu diskutieren sein wird, inwieweit diese Entlastung zu einer Reduzierung des Kreisumlagehebesatzes führen kann, um die durch den Bund gewonnene Entlastung auch an die Gemeinden weiterzugeben.
 
Wir sind Partner in der Kommunalpolitik und wir – Landkreis und Gemeinden - sollten uns immer wieder gegenseitig die notwendigen Handlungsspielräume absichern. 

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, mit diesen Ausführungen will ich es für den Haushalt 2011 bewenden lassen. Lassen Sie uns auf den eingeschlagenen Weg weiter gehen: Schuldenabbau bei gleichzeitiger Sicherstellung der Investitionen über eine stabile Kreisumlage.
 
Ich bin mir sicher, dass wir den Landkreis Würzburg so in eine gute und sichere Zukunft führen können.