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23.05.2020

Landrat Eberth: »fränkische Gastlichkeit der Zukunft diskutieren«

Zu einer Gesprächsrunde hat Landrat Thomas Eberth am vergangenen Mittwoch Vertreterinnen und Vertreter des Gast- und Tourismusgewerbes eingeladen. Die Gesprächsrunde fand in den Räumen der Industrie- und Handelskammer Würzburg-Schweinfurt statt, auch IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Ralf Jahn saß mit am runden Tisch. Vorrangig sollte es um die Frage gehen, wie das Hotel- und Gastgewerbe im touristisch geprägten Mainfranken trotz der corona-bedingten Einschränkungen möglichst rasch wieder Fahrt aufnehmen kann.

Landrat Thomas Eberth freute sich in seinen Begrüßungsworten und mit Blick auf die nahenden Pfingstferien, „dass wir in den kommenden Stunden gemeinsam über die fränkische Gastlichkeit der Zukunft diskutieren.“ Denn ohne Zweifel seien Hotels und Gaststätten, aber auch Zulieferer wie Brauereien, Wein und Getränkelieferanten oder die Lebensmittelbrache, besonders stark vom Shutdown betroffen. Jetzt gelte es, ihnen mit gebündelter Kraft wieder auf die Beine zu helfen.

Von „Futterluke“ bis „Schäufele to-go“
Der Leiter des Fachbereichs Kreisentwicklung am Landratsamt Würzburg, Michael Dröse, hatte im Vorfeld die Gemeinden um ein Stimmungsbild bei den ortsansässigen Gasthöfen gebeten. Konkret ging es um die Frage, ob finanzielle Hilfen seitens des Hotel- und Gastgewerbes beantragt bzw. Miet- und Pacht-Stundungen für die gemeindeeigenen Räume gewährt wurden. Michael Dröse dazu: „Fast 40 Prozent der Gemeinden haben uns geantwortet. Die Lage scheint nicht ganz so düster zu sein wie beispielsweise im Stadtgebiet Würzburg. Das mag auch an der Struktur der Betriebe im ländlichen Raum liegen – viele sind inhabergeführt, profitieren von geringeren Infrastrukturkosten oder haben sich mit spontan eingeführten To-go-Services kreativ über Wasser gehalten.“ Über den Umgang der Betriebe mit der Krise freute sich auch Landrat Eberth: „Von Futterluke über Schäufele to-go waren unsere Gastronomiebetriebe schon sehr kreativ!“

Bestätigung gab´s ebenfalls vom Bezirksgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands e.V. (DEHOGA), Rechtsanwalt Michael Schwägerl: „Der Landkreis ist durchaus geprägt von Familienbetrieben in Eigentum. Aber es gibt genügend Betriebe, die Pacht zahlen müssen und die sehr von einer Minderung während der Schließzeiten profitieren würden. Da bitten wir die Bürgermeister und die Vereine um Unterstützung.“ Auch das To-go-Geschäft habe sich „gut angelassen - allerdings nur bei den klassischen Familienbetrieben. Hätte der Chef sein externes Küchenteam zurückholen müssen aus der Kurzarbeit, wäre das Risiko zu groß gewesen“, gab Schwägerl zu bedenken. Solch „zarte Pflänzchen“ wie das Mitnahme-Geschäft oder kreative Tagungsideen müsse man nun weiterentwickeln, um Gastgewerbe und Tourismus wieder anzukurbeln.

Kleine Hilfen zum Überleben
Wie gut eine zündende Idee ankommen kann, zeigte das Beispiel der Kauzen-Bräu. Junior-Chef Jacob Pritzl erfand die Aktion „Schenk´ Deinem Wirt ein Fass“. Dabei konnten Stammkunden ihrem Lieblingswirt mit Bierkäufen unter die Arme greifen. Sein Resümee: sehr positiv, über 3.000 Liter seien verschenkt worden. Pritzls Vater, Senior-Chef Karl-Heinz Pritzl, erklärte die Beweggründe: „Uns ging es auch darum, die Gastronomie aufzubauen, ihnen Mut zu machen. Es geht gar nicht um große Geschenke, sondern um kleine Hilfen zum Überleben. Übrigens hat die Aktion auch gezeigt, wie beliebt ein Wirt ist!“ Dietrich Oechsner, Chef der Privatbrauerei Oechsner konnte diese Aussage nur bestätigen: „Man muss sich um seine Gäste kümmern, um den Zusammenhalt zu stärken. Denn nur gemeinsam können wir aus dieser Krise wieder neue Kraft schöpfen.“ Die Brauerei Oechsner wird den Gastronomen aus ihrem Kundenstamm zum Neustart jeweils ein 30l Fass kostenfrei zur Verfügung stellen.

Susanne Müller, Geschäftsführerin der Fränkischen Weinland Tourismus GmbH, brachte in ihrem Beitrag die große Not des fränkischen Tourismus auf den Punkt: „Ohne Weinfeste, Bierfeste und Verkostungen bei den Winzern brechen uns ganz viele Reiseanlässe nach Franken und in die Region weg. Umso wichtiger ist es jetzt für uns, marktdurchdringend für das Fränkische Weinland zu werben und gleichzeitig die Betriebe zum Einstieg ins Online-Geschäft zu mobilisieren.“ Der Landkreis Würzburg wird sich deshalb dafür einsetzen, den Werbe-Etat für das Fränkische Weinland deutlich zu erhöhen. Aus einem einfachen Grund, so Landrat Thomas Eberth: „Wir müssen den Menschen da draußen sagen, dass es viele entdeckenswerte Orte in unserem schönen Landkreis mit einer wunderbaren Gastronomie gibt. Gerade weil der Festkalender heuer eher dünn ausfällt.“

Beraten, beruhigen und Absage hinnehmen
In Sachen Online-Geschäft und Buchungstools ist Claudia Amberger-Berkmann gut aufgestellt, dennoch hat sie mit ihrem Hotel bzw. hat die Hotelbranche insgesamt keinen großen Nutzen davon: „Wir erhalten über die Buchungsportale zurzeit nur Stornierungen“, so die Kreisvorsitzende der DEHOGA-Kreisstelle Würzburg. „Das Hauptproblem ist die Unsicherheit der Gäste. Viele haben Angst zu verreisen oder durch die Reise mit Freundinnen oder Geschäftspartnern bis dahin geltende Richtlinien zu verletzen.“ Und ihre Stellvertreterin Anette Hollerbach ergänzte: „So machen wir momentan nichts anderes als beraten, beruhigen und am Ende doch die Absage verbuchen.“

Am 30. Mai sollen bayernweit die Hotels eröffnen dürfen, am 25. Mai darf die Innengastronomie wieder starten – beides unter strengen Auflagen. Die Außengastronomie hat bereits seit 18. Mai bis 20 Uhr offen. Die drei anwesenden DEHOGA-Vertreter hoffen allerdings auf ein Signal aus München, das den Biergärten eine Öffnung bis 22 Uhr erlaubt. Denn die Sorge unter den Wirten und Inhabern sei groß, dass die im Freien Sitzenden nach 20 Uhr lieber nach Hause gehen als in die Innenräume umzuziehen.
Dr. Sascha Genders, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK, dazu: „Wir reden hier über eine Branche, die ohnehin schon strukturelle Schwierigkeiten hatte. Der Schrumpfungsprozess verschärft sich eklatant. Was es jetzt braucht, ist eine Steuerpolitik, die Vereinfachungen schafft. Dass genügend Zeit bleibt, um die Kapitalbasis zu erhöhen. Dass durch Bürokratievereinfachung Freiräume für Unternehmen geschaffen werden.“

Unterstützung der gebeutelten Branche
Die als solches Instrument gedachte Mehrwertsteuersenkung auf sieben Prozent, da waren sich die Beteiligten aus Gastgewerbe und Tourismus einig, ist nur dann ein wirkungsvolles Instrument, wenn die Gastwirte ihre Preise nicht nach unten reduzieren und auch keine Erwartung bei den Kunden in diese Richtung geschürt wird. „Sonst ist die ganze Maßnahme kontraproduktiv“, fasst IHK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. Ralf Jahn zusammen.

Nach intensiven Diskussionen und kreativen Lösungsideen, vor allem aber mit der allseits bekundeten Bereitschaft, diese Krise gemeinsam auch in unserer Region zu meistern, ging die Gesprächsrunde zu Ende. Landrat Thomas Eberth dankte den Beteiligten für die Offenheit und versprach gemeinsam mit Ordnungsamt-Chef Tobias Reitzenberger, dass seine Behörde im Rahmen der geltenden Richtlinien alles tun werde, um die gebeutelte Branche zu unterstützen.