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21.01.2009

Norovirus weiter auf dem Vormarsch

Bilanz der meldepflichtigen Infektionskrankheiten

Die Zahl der vom Gesundheitsamt verzeichneten Infektionen mit dem Norovirus hat im vergangenen Jahr nochmals explosionsartig zugenommen. Erfreuliches hat Amtsarzt Dr. Konrad Kläß in seiner Jahresbilanz auch zu berichten: Die Zahl der an Grippe und Salmonelleninfektionen Erkrankter ist deutlich zurückgegangen.

Die Kurve spricht eine deutliche Sprache: Seit 2007 schießt die Zahl der gemeldeten Erkrankungen durch Noroviren pfeilschnell nach oben. Wurden 2006 noch zwölf Infektionsfälle gemeldet, waren es ein Jahr später 439 mehr. Mit Jahresende 2008 wurde ein neuer Höhepunkt erreicht: 655 Patienten haben Ärzte und Krankenhäuser dem Gesundheitsamt gemeldet.

Nachdem nur die Erkrankung in Einrichtungen meldepflichtig ist, geht Dr. Kläß von einer sehr viel höheren Dunkelziffer aus. Eine genaue Prognose, wie der Norovirus im neuen Jahr die Region belasten wird, lässt sich laut Amtsarzt nicht abschließend erstellen. „Es fehlt nach wie vor eine Schutzimpfung, die Behandlung ist gegenwärtig nur symptomatisch“.

Noroviren zählen zu den häufigsten Erregern infektiöser Magen-Darm-Erkrankungen. Bedroht sind vor allem Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern und Kindergärten. Inzwischen gibt es nur wenige stationäre Einrichtungen, die noch nicht ihre Erfahrungen mit Noroviren gemacht haben. „Die Heime nehmen das Infektionsrisiko ernst, reagieren bei ersten Erkrankungsfällen mit strengen Hygienemaßnahmen“, lobt Amtsarzt Dr. Kläß.

Bundesweit gehen Gesundheitsexperten wie Dr. Kläß derzeit davon aus, dass eine veränderte Genanlage den Norovirus aggressiver und damit ansteckender gemacht hat. „Hinzu kommt die vergleichsweise leichte Übertragung der Infektionsträger in die Atemluft“, erläutert der Amtsarzt die hohe Erkrankungsrate. „So wird jeder Erkrankte zum Ausgangspunkt für weitere Fälle“.

Hatte sich die in der Region ansässige Rötelmaus 2007 als Träger des Hanta-Virus noch zu einem echten Problem entwickelt, so hat sich die Lage aus Sicht des Gesundheitsamts inzwischen deutlich entspannt. Letztes Jahr zählte die Behörde sieben Infektionsfälle, im Jahr zuvor waren es 56.

Mit dem Steinbachtal und dem Dallenberg wurde ein lokaler Brennpunkt ausgemacht. Vermutet wird, dass eingetrocknete Ausscheidungen der dort lebenden Rötelmaus aufgewirbelt und die Viren so in den menschlichen Organismus gelangt sind. Dort verursachen sie bei 10% der Betroffenen 1 – 4 Wochen nach der Infektion grippeähnliche Symptome mit Fieber, Schüttelfrost sowie Kopf- und Rückenschmerzen kommen. Bei einem sehr schweren Verlauf können die Nieren betroffen sein, bis hin zu einem akuten Nierenversagen.

Zum Rückgang der Erkrankungszahlen könnten die von Ordnungsamt und Gartenamt ergriffenen Maßnahmen beigetragen haben. Dr. Kläß geht davon aus, dass der kalte Winter der Rötelmauspopulation jetzt spürbar zusetzt, „die Infektionsgefahr wird also dieses Jahr vermutlich geringer einzustufen sein“.

Bei den Salmonellen-Infektionen sind die Fallzahlen in der Region erfreulicherweise deutlich nach unten gegangen. Im Jahr 2007 wurden noch 239 Erkrankungsfälle dem Gesundheitsamt gemeldet, letztes Jahr waren es 142. „Es gab vor allem keine für den Sommer typischen Ausbrüche“, erklärt Dr. Kläß die erfreuliche Entwicklung. Ungewöhnlicherweise habe es dafür im Dezember einzelne Erkrankungsfälle gegeben.

2008 war auch kein besonderes Grippe-Jahr. „Es gab zwar recht viele feuchte Nasen und lästigen Husten, doch die durch den Influenzavirus verursachte Grippe bewegte sich mit 30 gemeldeten Erkrankungen auf dem üblichen Niveau“. Vorsichtig äußert Dr. Kläß eine Prognose für das laufende Jahre. „Ungewöhnlich bald hat die Grippe die Region heimgesucht, das spricht für eine größere Ausbreitung“.

Nach der Prognose von Amtsarzt Dr. Konrad Kläß werden wir künftig mehr mit Infektionskrankheiten zu kämpfen haben. Neue Erreger seien hierfür ebenso verantwortlich, wie entwickelte Resistenzen. Darunter verstehen Mediziner die Widerstandsfähigkeit von Krankheitserregern gegenüber Antibiotika und Desinfektionsmitteln. Die Erreger von BSE und Vogelgrippe sind auf die Entwicklung von Resistenzen zurückzuführen.

Infektionskrankheiten sorgen auch beim Würzburger Rettungsdienst für Arbeit und Probleme. „Vor allem die Noroviren und multiresistente Keime machen uns seit drei Jahren schwer zu schaffen“, erläutert Rettungsdienstleiter Jens-Uwe Greiner. Im vergangenen Jahr sind die Sanis von BRK, Johannitern und Maltesern zu knapp 3.500 Infektionstransporten ausgerückt, 2005 waren es noch 1.500. Selbst wenn eine sogenannte Infektionsfahrt nur kurz ist, Fahrzeug und Personal fallen danach wegen aufwendiger Desinfektionsarbeiten etwa 1,5 Stunden aus.