Seiteninhalt

16.10.2018

Igelstation in Gerbrunn

Gudrun Martin aus Gerbrunn kümmert sich seit Jahren um die Igel in Not im Landkreis Würzburg.

Jetzt ist ihre Fürsorge für die stacheligen Freunde wieder ganz und gar gefordert. Das Telefon klingelt Tag für Tag, Nacht für Nacht. Immer versucht sie, den richtigen Ratschlag zu geben.

„Findet man Igelbabies, die noch nackt und blind sind, außerhalb des Nestes, muss man sie unbedingt einsammeln und in ein warmes Tuch oder auf eine handwarme Wärmflasche legen“, erklärt sie.

Danach sollte man sich schleunigst Rat holen, was zu tun ist. Beim Tierarzt, im Tierheim oder bei ihr. Meist müssen die Kleinen zu ihr gebracht werden, weil sie eine spezielle Welpenaufzucht-Nahrung brauchen, die Martin direkt vom Hersteller bezieht.Das Kilo zu 85 Euro.

„Das ist teuer, aber das einzige, was sie vertragen und mit dem sie eine Überlebenschance haben, wenn sie alle zwei Stunden gefüttert werden“, sagt die Tierfreundin. Auf keinen Fall sollte man den Vierbeinern Milch geben. „Das wäre der sichere Tod.“

Wer zufällig ein Igelnest mit Jungen findet, sollte dies schleunigst wieder schließen, ohne die Tiere zu berühren, rät die Expertin. Solange die Kleinen im Nest sind, kommt die Mutter in jedem Fall zurück. Älteren Igelkindern außerhalb des Nestes, die schon ein Fell am Bauch und geöffnete Augen haben, hilft man am besten durch Zufüttern mit Katzendosenfutter.

Denn bis zum Beginn der ersten Fröste müssen sie sich noch eine Menge Speck für den Winterschlaf anfressen. „Auf keinen Fall diese Igel einfangen und wegsperren“, warnt die Tierschützerin.

Igel sind Wildtiere und stehen unter Naturschutz. Sperrt man sie ein, macht man sich doppelt strafbar, wegen Wilderei und wegen des Verstosses gegen das Tierschutzgesetz, sagt Martin. Aber besonders grausam ist, dass gefangene Igel sich selbst verstümmeln, weil sie nicht mehr ihre eins bis drei Kilometer in der Nacht laufen können.

Immer wieder werden Igelmütter von Menschen einfach weggetragen, weil sie alleine an der Straße entlang auf der Jagd sind. Das sei zwar gut gemeint, aber völlig falsch, denn diese Mütter finden ihr Nest nie wieder, weiß Martin.

Noch viele andere Gründe gibt es warum die Säuglinge plötzlich alleine sind: die Mütter werden überfahren, geraten in Weinbergsnetze, fallen in tiefe Löcher oder Lichtschächte, wo sie jämmerlich zugrunde gehen. Dabei, so Martin, wäre es so einfach, die Schächte ab zu decken.

Vor einigen Tagen kamen fünf Säuglinge bei ihr an. Nackt, blind und viel zu klein. Sie wusste, sie haben kaum eine Chance. Doch sie gab ihr Bestes. Nach ein paar Tagen mussten sie eingeschläfert werden.

„Mit jedem dieser Tiere leide ich mit“, sagt sie. Viel Grausames muss sie in dieser Zeit erleben. Blutende, vergiftete, verstümmelte Tiere, mit Maden besiedelt, von innen fast zerfressen. Tiere, die keine Chance mehr haben, bringt sie zum Einschläfern zum Tierarzt. Die anderen werden aufgepäppelt. Wie erträgt sie das alles? „Mein Lohn ist, wenn ich recht viele Igel durchbringe“, sagt sie.

Rund 300 Igel gehen Jahr für Jahr durch ihre Hand, werden liebevoll umsorgt, gepflegt, gefüttert und bemuttert. Ein Großteil wird schließlich unter Tränen ausgewildert. Die Trennung fällt meist beiden Seiten schwer. Und manchmal kommen die Tiere im nächsten Jahr auch zurück in den Igel-Garten Eden. Auch das gibt ihr Kraft. Und die Tatsache, dass ihr Mann Herbert vorbehaltlos hinter ihr steht, sie unterstützt, wo er kann, zupackt, wo es nötig ist.

Ihre Arbeit macht sie ohne Lohn, alles was sie braucht, zahlt sie selbst. Nur die Kosten für Medikamente oder Tierarztrechnungen übernimmt das Tierheim. Deshalb ist sie auch froh, dass sie in Brigitte Ales eine Mitstreiterin gefunden hat, die sie vertritt, wenn sie nicht da ist und auch Babies mit aufzieht.

Und dass es Menschen gibt, die größere Igelkinder in ihrem Garten in Freigehegen aufnehmen, bevor sie in die freie Wildbahn zurückkehren.

Ans Aufhören hat Gudrun Martin trotz aller Anstrengungen noch nie gedacht. Und so wird sie weiter Igelleben retten – Tag für Tag, Nacht für Nacht, selbstlos und mit großem Engagement, wie man es selten findet.

Tipps von Gudrun Martin für einen igelgerechten Garten:
Reißighaufen bilden und mit einer dicken Laubschicht abdecken, das verfestigt sich und darunter bleibt es schön trocken.

Katzendosenfutter und Wasser unter eine Holz- oder Plastikbox mit Öffnung stellen. Die Box sollte beschwert werden, damit Katzen sie nicht verschieben können.
Im naturnahen Garten finden die stacheligen Freunde viel Nahrung, zum Beispiel die Würmer im heruntergefallenen Obst.

Autorin: Wilma Wolf