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25.05.2023

Noch keine Nachnutzungskonzepte für das Klostergebäude Fährbrück - Landrat Thomas Eberth und Finanzdirektor Sven Kunkel machen sich erstes Bild vor Ort

Nachdem bekannt wurde, dass die letzten beiden Patres aus dem Kloster Fährbrück Anfang August ausziehen wollen, trafen sich Landrat Thomas Eberth und der Finanzdirektor der Diözese, Sven Kunkel, zu einem ersten Informationstermin vor Ort am Klostergebäude in Fährbrück. Gegenstand des Austausches war eine Sondierung, welche Ideen zu einer möglichen Nachnutzung Kirche oder Gemeinde haben. Das an sich erste interne Treffen war in den Sozialen Medien und per Flugblättern mit Falschinformationen in den Ortsteilen der Gemeinde Hausen bekannt gemacht worden. So fanden sich ca. 100 Personen vor Ort ein, um Informationen zu fordern. Es sollte mit möglichst großer Beteiligung der Protest gegen eine angeblich geplante Unterkunft für 180 Geflüchtete zum Ausdruck gebracht werden.

Zum Informationsaustausch war auch der Hausener Bürgermeister Bernd Schraud eingeladen. Er zeigte sich wie auch Landrat Eberth bestürzt über die fremdenfeindliche Stimmungsmache, die seit Dienstag im Umlauf war und die Ängste schüren sollte. Die Hetzkampagne im Vorfeld wurde selbst von einigen Teilnehmern der spontanen Versammlung kritisiert: „Warum hat der Verfasser des Flugblatts nicht den Mut, seinen Namen unter den Text zu setzen“, rief ein Bürger.

Erste Informationen über das Gebäude und Gelände

Landrat Eberth ging vor Beginn des Treffens mit dem Finanzdirektor der Diözese auf die Protestierenden zu und stellte sich deren Fragen. „Ich kann Ihnen noch keine Informationen geben, denn wir treffen uns heute erstmalig mit dem Eigentümer des Gebäudes, dem Bischöflichen Stuhl, um die Liegenschaft kennenzulernen. Als Landrat bin ich natürlich daran interessiert, wie sich Fährbrück insgesamt entwickelt. Die Wallfahrtskirche mit Kloster und Gastronomie ist nicht nur für die Orte Hausen, Rieden und Erbshausen-Sulzwiesen, sondern für die ganze Region ein wichtiges kirchliches und bauliches Kulturdenkmal, ein Ort der Hubertusbrüder und ein beliebtes Ausflugsziel. Derzeit kann über eine zukünftige Nutzung nichts berichtet werden, da noch nichts Konkretes geplant ist.“ Er stelle sich, wenn es konkrete Pläne – eventuell auch für eine Flüchtlingsunterkunft - gebe, gerne der Diskussion mit Bürgermeister und Gemeinderat oder auch einer Bürgerversammlung, so Eberth weiter. Als aus der Menge reichsbürgerähnliche Rufe an den Landrat adressiert wurden, brach dieser das Gespräch ab und begann den Rundgang durch die Gebäude und das Gespräch mit Sven Kunkel.

Diözese sucht sinnvolle Nachnutzung

Sven Kunkel, Verwalter der Liegenschaften des Bischöflichen Stuhls Würzburg, betonte im Gespräch: „Die Diözese Würzburg steht noch ganz am Anfang bei der Frage, wie das Klostergebäude künftig genutzt werden soll. Tatsache ist, dass der Augustinerorden den bisherigen Mietvertrag nicht verlängern wird und die beiden Patres bis Ende Juli 2023 das Klostergebäude verlassen werden." Zu einem Nachnutzungskonzept habe sich die Diözese bisher noch keine Gedanken gemacht, so Kunkel. "Ich bin erstmals hier und will mir zunächst ein Bild vom Zustand und Ausmaß der Immobilie machen. Die Wallfahrtskirche ist aber von allen zukünftigen Nutzungen des Klostergebäudes unberührt", sagte Kunkel. Die Kommunen sind nach seinen Worten immer erste Ansprechpartner der Diözese bei der möglichen Verwendung beziehungsweise Nachnutzungen eines kirchlichen Gebäudes. Daher habe er sich gefreut, dass Landrat Eberth und Bürgermeister Schraud um einen gemeinsamen Besichtigungstermin gebeten haben. Die Diözese könne sich einen Verkauf vorstellen. Voraussetzung dafür sei ein sinnvolles und schlüssiges Konzept zur Nachnutzung durch den möglichen Erwerber.

Auch Bürgermeister Bernd Schraud betonte: „Die Gemeinde Hausen hat ebenfalls keine Idee, wie das Haus nach dem Auszug der Patres genutzt werden könnte. Aber ich habe schon Verständnis, dass sich die Hausener Gedanken machen, was mit dem Klostergebäude passiert. Fährbrück ist für unsere drei Ortsteile Hausen, Erbshausen-Sulzwiesen und Rieden eine wichtige gemeinsame Klammer. Hier fanden zahlreiche Hochzeiten, Feste und Wallfahrten statt, da ist es verständlich, dass die Leute wissen wollen, was mit diesem für sie wichtigen Ort geschieht. Ich bin jedoch völlig fassungslos darüber, welche Falschaussagen und Erfindungen in dem Flugblatt verbreitet wurden.“

Landkreis erfüllt gesamtgesellschaftliche Aufgabe

Das Ergebnis des Gesprächs ist, dass die Diözese nun ein Gutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft erstellen lässt. Das kann bis zu drei Monaten dauern. Ein Nachnutzungskonzept liegt weder von der Diözese, noch von der Gemeinde noch vom Landkreis vor.

Eine befristete Vermietung als Flüchtlingsunterkunft an den Landkreis oder die Regierung von Unterfranken für ein, zwei Jahre, bis ein Verkauf des Gebäudes an einen Investor gelingt, wäre denkbar. Dies ist vor kurzem in Retzbach mit dem Bildungshaus auf der Benediktushöhe geschehen, hier sind derzeit rund 30 Geflüchtete untergebracht.

„Eine befristete Unterkunft für Flüchtlinge wäre auch für uns denkbar, da wir jederzeit mit Zuweisungen durch die Regierung rechnen müssen“, so Landrat Eberth, „aber auch hierzu gibt es keine konkreten Überlegungen“. Der Landkreis ist händeringend auf der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten. Über die Anzahl der Menschen, die in Fährbrück eventuell eine Zeitlang untergebracht werden könnten, sei heute noch keine Aussage möglich, keinesfalls jedoch 180 Personen, wie im Flugblatt behauptet.

Landrat Eberth betont: „Ich möchte schon daran erinnern, dass wir als Landkreis hier eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe erfüllen – den Vollzug des deutschen Asylrechts, und hier kann nicht das Sankt-Florians-Prinzip gelten. Als Landrat wünsche ich mir für die Zukunft eine bessere europäische und bundesdeutsche Strategie, aktuell müssen wir aber vor Ort die Herausforderungen der Flüchtlingsunterbringung lösen.“

Nach Vorliegen des Gutachtens wird es ein zweites Treffen zwischen Diözese, Landkreis und Gemeinde Hausen voraussichtlich im September geben, um das weitere Vorgehen zu besprechen. „Wenn es Konkretes zu berichten gibt, dann werden wir es natürlich in aller Offenheit kommunizieren“, betonen Landrat, Bürgermeister und Finanzdirektor einstimmig.