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19.03.2012

Landrat Eberhard Nuß: Haushaltsrede 2012

Gehalten am 16. März 2012 im Kreistag

Es gilt das gesprochene Wort
 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
meine Damen und Herren,
 
Sie erinnern sich:
Im letzten Jahr konnte ich Ihnen zum ersten Mal den Haushalt des Landkreises Würzburg in doppischer Form vorlegen.
Es war damals vollkommenes Neuland für uns und wir alle – Kreistag – Landrat – Verwaltung - mussten uns an diese neue, kaufmännische Form der Haushaltsführung erst noch gewöhnen.
 
Im Laufe des Jahres 2011 konnten wir Ihnen als zweiten großen Schritt der Umstellung den Entwurf der Eröffnungsbilanz vorgelegen.
Dieser erste Entwurf wurde Ihnen auch von unserem Beratungsbüro Rödl & Partner näher erläutert.
 
Wie ist der aktuelle Stand?
Die Eröffnungsbilanz liegt derzeit zur Überprüfung beim Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband.
 
Diese Prüfung ist zeitlich sehr aufwändig, weil gleichzeitig die noch ungeprüften Jahresabschlüsse der verbleibenden kameralen Jahre mitgeprüft werden.
 
Ich gehe aber zuversichtlich davon aus, dass bis zur Jahresmitte 2012

  • sowohl die Prüfung der Eröffnungsbilanz
  • als auch die Prüfung der verbleibenden kameralen Jahresabschlüsse

abgeschlossen sein wird.
 
Danach kann dem Kreistag die Jahresrechnung für das Haushaltsjahr 2011 vorgestellt werden.
 
Wie in den vergangenen Jahren üblich, meine Damen und Herren, stand die Finanzverwaltung den Fraktionen für ihre internen Haushaltsberatungen zur Verfügung.
 
Es freut mich sehr, dass von diesem Angebot wieder reger Gebrauch gemacht wurde.
 
Ich glaube, dass durch diesen kurzen Draht das gegenseitige Verständnis von Politik und Verwaltung gefördert wird,
und möchte mich bei

  • Herrn Krug,
  • Herrn Künzig,
  • bei Frau Hümmer
  • und bei Herrn Schebler

in unserem Namen ganz herzlich bedanken.
 
Um größtmögliche Transparenz herzustellen, haben wir Ihnen - zusammen mit der gedruckten Ausgabe des Haushaltsplan-Entwurfes - eine CD-ROM übersandt - mit dem gesamten für den Haushalt maßgeblichen Zahlenmaterial.
 
Ich gehe davon aus, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass Sie sich in den Fraktionen mit dem Zahlenmaterial intensiv befasst haben,
und möchte ich es Ihnen und mir ersparen, hier an dieser Stelle nochmal auf einzelne Zahlen oder einzelne Haushaltsstellen vertieft einzugehen.
 
Lassen Sie mich stattdessen nur einige grundsätzliche Dinge über den Haushalt 2012 sagen, über seine Struktur und über seine Intention.
 
Eine Feststellung vorweg:
Wer dem Kreistag seit 1996 oder länger angehört, wird bei den heutigen Voraussetzungen sagen:
Wir haben auch schon schlechtere Zeiten erlebt.
 
Mit „wir“ meine ich in diesem Zusammenhang nicht nur uns als Verantwortliche der Landkreisfinanzen,
sondern auch unsere Gemeinden, mit denen wir ja doch eine Art „Schicksalsgemeinschaft“ bilden.
Über gemeinsame Aufgaben und über die Kreisumlage, die immerhin gut 50 % unserer Einnahmen ausmacht, sind wir in gegenseitiger Rücksichtnahme fest verbunden.
 
Wie war die Ausgangssituation für den Haushalt des Jahres 2012?
 
Die großen, im Jahr 2008 beschlossenen Investitionsmaßnahmen:

  • Fertigstellung Sanierung und Anbau Realschule Höchberg
  • Dachsanierung mit Außenrenovierung und Dachausbau
  • Feuerwehrzentrum Klingholz
  • Radwegebau
  • Sanierung und Sportstättenneubau Realschule Ochsenfurt

sind teils fertig, teil soweit gediehen, dass sie finanziell überschaubar sind.
 
Aufgrund dieser Entwicklung und aufgrund einer guten Einkommenssituation war ich noch im Sommer fest entschlossen, die Gemeinden dieses Mal zu entlasten und die Kreisumlage im Haushaltsjahr 2012 zu senken.
 
Ich wollte vor allem die vom Bund vorgesehene Übernahme der Grundsicherung zu 100 % an die Gemeinden weitergeben, weil dies zur Entlastung der kommunalen Familie insgesamt gedacht war.
Für den Landkreis hätte dies bedeutet, dass die Kreisumlage schon aus diesem Grund um runde 0,5 %-Punkte hätte gesenkt werden können.
 
Ich war auch überzeugt, dass wir weiteren Spielraum gefunden hätten

  • bei näherer Betrachtung der Jahresergebnisse
  • und aufgrund der Tatsache, dass wir die großen Investitionen – z.B. Realschule Ochsenfurt - aus den liquiden Mitteln heraus bedienen können.

Das waren meine Überlegungen in der ersten Jahreshälfte des Jahres 2011.
Aber: Erstens kommt es anders – und zweitens, als man denkt.
 
In der zweiten Jahreshälfte wurden die Anzeichen immer konkreter, dass der Bezirk seine Umlage nach 2011 noch einmal anheben wird – und zwar im ganz erheblichen Umfang.
 
Nach der Sommerpause wurde aus der Befürchtung Gewissheit.
Der Bezirkstagspräsident hat die unterfränkischen Landräte informiert, dass im kommenden Bezirkshaushalt mit einer Erhöhung der Umlage um bis zu 4 %-Punkte zu rechnen ist.
 
Ich gebe offen zu: das hat mich kalt erwischt – auch die Kollegen.
 
Ab diesem Zeitpunkt habe ich in der Finanzverwaltung die Losung ausgegeben:
Wir müssen jetzt alles daran setzen, dass die Kreisumlage entgegen unseren ursprünglichen Plänen nicht auch noch steigt.
 
Für die Erstellung des neuen Haushaltsplanes habe ich der Finanzverwaltung ganz konkret folgende Punkte vorgegeben:

  1. Aufnahme aller in den Fachausschüssen vorberatenen Ausgaben.
  2. Planmäßige Abfinanzierung der begonnenen Investitionen.
  3. Einstellung von Mitteln für die Sanierung der Förderschulen ab dem Haushaltsjahr 2014.
  4. Vermeidung einer Neuverschuldung im Finanzplanungszeitraum bis 2015.
  5. Stabiler Kreisumlagehebesatz im Finanzplanungszeitraum bis 2015.

Das waren, meine Damen und Herren, angesichts einer Erhöhung der Bezirksumlage um 4 %-Punkte, „sportliche“ Vorgaben, aber ich habe mich bei meinen Überlegungen von den Tugenden letztjähriger Haushaltsaufstellungen leiten lassen.
 
Kontinuität – Berechenbarkeit – Verlässlichkeit.
 
Ich brauche Ihnen nicht zu erzählen, meine Damen und Herren, dass wir uns in unserer täglichen Arbeit in einem Spannungsfeld bewegen.
 
Im Spannungsfeld zwischen berechtigten Bürgerwünschen - und den Interessen der Gemeinden als unsere Mitfinanziers.
 
Die Bürger verlassen sich darauf, dass der Landkreis seinen Aufgaben in der Daseinsvorsorge nachkommt.
Und das geht nicht ohne Geld.
 
Und die Gemeinden als unsere Partner verlassen sich darauf, dass der Landkreis mit der Kreisumlage sensibel umgeht.
 
Als drittes kommen hinzu die Interessen der nachfolgenden Generationen, die zu Recht von uns fordern, dass wir mit unserem, mit dem vorhandenen Geld auszukommen.
 
Die Generation, die nach uns auch noch im Landkreis Würzburg ihr Leben gestalten möchte, erwartet von uns,

  • dass wir nicht nur keine neuen Schulden machen,
  • sondern alte Schulden kontinuierlich abtragen. 

Alle diese Erwartungen haben wir versucht, in den Entwurf für den Haushalt 2012 einzubetten, und ich glaube, dass ist uns auch gelungen.
 
Dafür ist die solide Haushaltspolitik der letzten Jahre im Wesentlichen mitverantwortlich, meine Damen und Herren.

  • Wir profitieren heute davon, dass sich der Landkreis stets nach seiner eigenen Decke gestreckt hat.
  • Und wir profitieren eindeutig heute davon, dass wir als Kreistag nicht der Versuchung erlegen sind, Kreisumlagesenkungen bis auf den letzten Zehntel-%-Punkt auszureizen.

Das macht sich jetzt bezahlt und versetzt die Finanzverwaltung in die Lage, Ihnen im Jahr 2012 einen Haushaltsplan-Entwurf vorzulegen,

  • der nicht nur ohne eine Änderung des Hebesatzes auskommt,
  • sondern der auch mit einem stabil bleibenden Hebesatz rechnet – zumindest im Finanzplanungszeitraum bis zum Jahr 2015.

Ich glaube, damit stehen wir auch im Vergleich mit anderen sehr gut da.
 
Im Haushaltsjahr 2010 variierten die bayerischen Kreisumlagehebesätze

  • von 37 %-Punkten (Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz)
  • bis 56,05 %-Punkten (Landkreis Fürstenfeldbruck).

Der Landkreis Würzburg rangierte 2010 mit seinen 46 %-Punkten auf Platz 32, also im guten Mittelfeld unter den 71 bayerischen Landkreisen.
 
Ein Jahr später lagen wir schon auf Platz 17.
Das heißt, nur noch 16 der 71 Landkreise in Bayern hatten einen noch niedrigeren Kreisumlagehebesatz als wir.
 
In diesem Jahr planen alle unterfränkischen Landkreise, außer Miltenberg und wir, mit einer höheren Kreisumlage, aufgrund der gestiegenen Bezirksumlage.
 
Nur der Kreistag von Miltenberg geht mit einem gleichbleibenden Kreisumlagehebesatz – und zwar zufällig auch 46 %-Punkte - in seine Haushaltsberatungen.
 
Bayernweit könnte es sein, dass der Landkreis Würzburg mit seinem Hebesatz in diesem Jahr erstmals unter die „Top 10“ der niedrigsten bayerischen Kreisumlagehebesätze kommt.
 
Genauso wichtig wie Verlässlichkeit bei der Kreisumlage ist mir - und ich hatte es bereits erwähnt - der Abbau der Verschuldung.
 
Die Grafik, die Ihren Unterlagen beiliegt und die ich Ihnen hier noch einmal vorstellen möchte, zeigt, wie der Landkreis Würzburg seit dem Haushaltsjahr 2006 seine Verschuldung kontinuierlich zurückführt.
 
Wenn nichts Außergewöhnliches dazwischen kommt, dann wird sich dieser Trend so fortsetzen – zumindest bis zum Ende des Finanzplanungszeitraums im Jahr 2015.
 
In diesem Zusammenhang noch eine sehr bemerkenswerte Feststellung:
Erstmals übersteigt in diesem Jahr mal wieder der Gesamtbetrag der Tilgungen den Gesamtbetrag der Zinszahlungen.
 
Auch hier die Grafik:
 
Diese Situation hatten wir das letzte Mal im Haushaltsjahr 1978.
 
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
das alles sind Belege dafür, dass wir im Kreistag – im demokratischen Widerstreit der Meinungen – im Ergebnis in den letzten Jahren finanzpolitisch eine hervorragende Arbeit geleistet hat.
 
Eine Arbeit, die sich auch bayernweit sehen lassen kann, und dafür möchte ich mich bedanken:

  • bei allen Fraktionen
  • und bei der Verwaltung.

Meine Damen und Herren,
dem vorgelegten Haushaltsplanentwurf liegen

  • eine Liste bei mit den bisher ausgereichten freiwilligen Leistungen,
  • sowie Anträge auf neue freiwillige Leistungen.

Eigentlich wollte ich zu den Anträgen nichts sagen, da diese in den folgenden Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden näher erläutert und anschließend von uns diskutiert werden.
 
Unter Bezugnahme auf die Beiträge in der Main-Post zum beantragten Investitionskostenzuschuss für die St. Ursula Schule halte ich es aber doch für notwendig, einige grundsätzliche Anmerkungen zu sagen.
 
Wir können diese freiwillige Leistung selbstverständlich kontrovers und lange diskutieren.
 
Am Ende wird es nicht leicht sein, Entscheidung zu finden, denn es gibt für beide Standpunkte,

  • für die Gewährung einer Zuwendung
  • oder für die Ablehnung,

gute und nachvollziehbare Gründe.
 
Mir liegt an zwei Dingen:
 
Lassen Sie uns diesen Antrag anschließend – so wie wir das gewohnt sind – offen und fair und im gegenseitigen Respekt diskutieren.
 
Zum zweiten ist es mir wichtig, dass die Entscheidung – egal wie sie ausfällt - am Ende von einer breiten Mehrheit getragen wird.
 
Vor etwas möchte ich noch warnen: das ist der Bezug zur Stadt Würzburg.
 
Hüten wir uns, meine Damen und Herren, die Angelegenheit unter diesem Blickwinkel zu diskutieren.
Das kann uns nämlich ganz schnell einholen.
 
Und es gibt andere Bereiche im Verhältnis „Stadt-Land“, wo wir uns – aus sehr berechtigten Gründen - auch vornehm zurückhalten und Respekt vor unserer Haltung erwarten.
 
Wir sind der Kreistag des Landkreises Würzburg, und haben ausschließlich darüber zu befinden, wie sich der Landkreis Würzburg in dieser Frage positioniert.
 
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, Ihre Aufmerksamkeit zum Schluss noch auf ein weiteres Anliegen lenken, das mir - nicht nur politisch, sondern auch persönlich - sehr am Herzen liegt.
 
Ein Problem,
das sich auch finanziell auswirkt und in Zukunft noch stärker auswirken wird.
 
Es ist die künftige Organisation der Jugendhilfeleistung „Schulbegleiter“.
 
Es ist im Augenblick so, dass der Landkreis Würzburg – aus Kostengründen - nur das so genannte Elternmodell praktiziert.
 
Das heißt, die Eltern treten als Arbeitgeber für die Schulbegleiter auf.
Sie sind somit auch für die sozialversicherungsrechtliche Anmeldung zuständig und tragen das Ausfallrisiko bei Krankheit des Schulbegleiters.
 
Ich könnte mir vorstellen, dass den betroffenen Eltern sehr geholfen wäre, wenn der Landkreis Würzburg - alternativ zu diesem Elternmodell - auch das sogenannte „Trägermodell“ anbietet, damit die Eltern unter den beiden Möglichkeiten auswählen können.
 
Beim Trägermodell sind die Schulbegleiter bei einem freien Träger angestellt.
Die Eltern buchen dort die notwendige Leistung,
und die Kosten werden dem freien Träger durch den Landkreis Würzburg im Rahmen der Jugendhilfe erstattet.
 
Dieses „Trägermodell“ wird auf Dauer mit höheren Kosten verbunden sein, keine Frage.
Ich halte dies im Interesse der betroffenen Eltern und Kinder aber trotzdem für sinnvoll und notwendig.
 
Viele von uns sind Eltern oder Großeltern gesunder und glücklicher Kinder und Enkelkinder.
Genau das nimmt uns in die Pflicht, sich in die Situation derer zu versetzen, die dieses Glück so nicht haben.
 
Wenn Sie mir ein positives Stimmungsbild zu diesem Vorhaben signalisieren, dann würde ich die Verwaltung beauftragen, mit den infrage kommenden freien Trägern zu verhandeln und würde Sie zu gegebener Zeit wieder informieren.
 
Meine Damen und Herren, mit diesen Ausführungen und Anregungen zum Haushalt 2012 will ich es bewenden lassen.
Ich bitte Sie, dem vorliegenden Haushaltsplan-Entwurf möglichst mit breiter Mehrheit zuzustimmen.
 
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.