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29.05.2013

Landwirtschaftliche Infofahrt mit Landrat Nuß

Wie Menschen auf dem Land die Energiewende praktisch umsetzen und wie Landwirte sich mit besonderen Betriebszweigen spezialisieren und damit marktfähig und wirtschaftlich sind, darum ging es bei einer „Landwirtschaftlichen Informationsfahrt“ im nördlichen Landkreis Würzburg. Zum fünften Mal hatten die Geschäftsstelle des Bayerischen Bauernverbands (BBV) und das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Würzburg, Landrat Eberhard Nuß und seine engsten Mitarbeiter, Bürgermeister der besuchten Dörfer, Behördenvertreter aus dem AELF sowie Kreisverbandsmitglieder und Obleute aus dem BBV und zu einer informativen Rundfahrt eingeladen.

Mit 40 Personen war das Interesse an der Landwirtschaftsbereisung so groß wie nie. Vielleicht lag es nicht nur am Thema „Spezialbetriebe und Energiewende“ sondern auch daran, dass im Landkreis Würzburg 2012 wichtige Posten im Landwirtschaftssektor neu besetzt wurden. Prof. Dr. Sebastian Peisl ist Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim geworden, Andreas Maier Direktor des AELF, Elmar Konrad Geschäftsführer des BBV im Landkreis Würzburg und Martina Wild Kreisbäuerin.

„Neue Köpfe sorgen stets für frischen Wind und zündende Ideen“, war Landrat Nuß bei der Bereisung überzeugt. Es sei wichtig, dass die Bürgermeister, Ortsbäuerinnen, Obmänner und Kreisvorstandsmitglieder des BBV „für ihre Problemlöser in den Behörden ein Gesicht haben“. Umgedreht sei es sinnvoll, dass die Entscheidungsträger „raus aufs Land“ gehen und sich im Sinne einer bürgernahen Verwaltung vor Ort informieren, wie moderne Landwirtschaft in der Praxis aussieht, welche Spezialbetriebe es gibt und welche Ideen die Landbevölkerung etwa in Sachen Energiewende hat.

Neben Industrie, Handel und Gewerbe sei der Landkreis Würzburg nach wie vor geprägt von Landwirtschaft und Weinbau. Landrat Nuß verdeutlichte, dass bäuerliche Familien jahrhundertelang die Ernährung der Bevölkerung in Land und Stadt sichergestellt und die fränkische Kulturlandschaft geprägt haben. „Heute gibt es eine nie gekannte Vielzahl von Erzeugnissen und Wertschöpfungen“, wusste Landrat Nuß. „Produkte aus der Region“, das wollen die Menschen, ist sich Nuß sicher und meint, „dass auch die Energiewende nur auf dem Land gewonnen werden kann“. „Gemeinsam können wir viel bewegen“, sprach die stellvertretende Bezirksbäuerin Maria Hoßmann aus dem Landkreis Main-Spessart dem Landrat aus dem Mund und lobte den Nachbarlandkreis für den „interessanten Tag“. Was heutige Bauern leisten, wie sie mit Leidenschaft ihre Betriebe umstrukturieren und weiter führen, wie sie auf die Fragen und Wandlungen der Zeit reagieren und neue Gesetze umsetzen, das mache sie richtig stolz.

Erste Station der Landkreisbereisung war der Entenstall von Wolfang und Martina Wild bei Unterpleichfeld. Das Betriebsgelände am Vogelswäldle ist als „Entenhausen“ ein Begriff geworden, denn neben dem Anbau von Feldgemüse wie Weizen, Zuckerrüben, Möhren und Mais hat sich die Familie von der Schweinehaltung und dem Krautanbau abgewandt und ist im Jahr 2003 mit Unternehmermut in die Entenproduktion eingestiegen. „Was den Verbrauch anbetrifft, hat Geflügelfleisch eine hohe Zuwachsrate“, wusste LLD Maier. Die Produktion hinke da hinterher und benötige deshalb Spezialbetriebe wie diese Entenmast.

Die Wilds schilderten ihre Liebe zum Tier, aber auch ihren Arbeitsaufwand und die Betriebsorganisation. Sie schilderten, wie sie ihre frisch geschlüpften Küken geliefert bekommen und die schlachtreifen Tiere vor dem Abholen eingefangen, dass ihr 3000 qm großer Stall in die Aufzuchts- und Mastabteilung unterteilt ist oder dass sie bisher ohne jegliches Antibiotika ausgekommen sind. 13000 Küken sind im Aufzuchtsstall, weitere 13.000 Tiere im Maststall. Neben ihrem Futter bräuchten Enten Licht, Wärme, Wasser und „viel Stroh“. Die Wilds bringen den Strohmist ihrer Enten in eine Biogasanlage. Mit der Abwärme einer solchen Anlage wollen sie demnächst ihren Stall beheizen und „trocken bringen“. Die aktuelle Flüssiggasheizung wird gerade umgestellt. 850 Meter Rohrleitungen sind vor kurzem von der Biogasanlage zum Entenstall verlegt worden. „So eine Verwertung macht Sinn“, nickten die Teilnehmer.

Die Produktion von erneuerbaren Energien und deren sinnvolle Nutzung ist auch auf dem Holzäckerhof zwischen Unterpleichfeld und Bergtheim Thema. Dort gibt es mit den Jungunternehmern Sebastian, Christian und Christoph Sauer eine „pfiffige Truppe“. Die jungen Männer haben zusammen mit Edgar Sauer und Familie Mahler mehrere Standbeine. Die „Bioenergie GmbH“ mit seiner Produktion von Strom und Wärme, den Hof mit Acker- Obst- und Zierpflanzenbau, eine Direktvermarktung und gar einen Catering-Service für Feste ab 50 Personen.

In den Jahren 2010 und 2011 haben die Sauers in Biogasanlagen investiert, 2012 ein Wärmenetz mit der Gemeinde Bergtheim realisiert und 2013 die beiden Blockheizkraftwerke am Hof und am Ortsrand von Bergheim optimiert. Unsere Anlagen ersetzen nun 1,2 Millionen Liter Heizöl im Jahr. Wir produzieren die Energie für 8000 Menschen“, rechnete Christoph Sauer vor und staunte über das praktische Wissen, den Einsatz moderner Technik und das Tüfteln an Vernetzungsmöglichkeiten oder Arbeitserleichterungen. Relativ neu seien der Anbau von Holunder für einen Biosaft oder der Schnitt von Pfingstrosen und Sonnenblumen. Die gehen in den deutschlandweiten Großhandel. Bis zu 30 Saisonarbeitskräfte ernten aktuell die Pfingstrosen, die teilweise unter Folientunneln wachsen und dort eine Fußbodenheizung mit Wärme aus der eigenen Biogasanlage haben.
Die Biowärme wird auch in Bergtheim genutzt zum Heizen öffentlicher und privater Gebäude. Bürgermeister Konrad Schlier erläuterte den Gästen das Zustandekommen eines Nahwärmenetzes, mit dem nicht nur 40.000 Liter Heizöl im Jahr gespart werden und 105.000 kg Kohlendioxid-Belastung vermieden wird. Neben der Mehrzweckhalle, der Grundschule und des Feuerwehrhauses werden schon 22 Häuser in der benachbarten Siedlung mit Biowärme beheizt. Das Wärmenetz wird demnächst noch weitere Haushalte versorgen.

Bergtheim ist im Landkreis auch ein Begriff geworden beim sinnvollen Nutzen öffentlicher Dächer für Photovoltaikanlagen und beim Errichten von Windkraftanlagen. 520 Windräder gibt es in Bayern, davon 52 im Landkreis Würzburg. „Wenn wir die im Bau befindlichen und genehmigten Windkraftanlagen dazurechnen, werden wir bald 62 im Landkreis haben“, sieht sich Landrat Nuß auf einem guten und richtigen Weg der Energieumstellung. Nicht nur die Umwelt profitiere davon, sondern statt Großkonzernen könnten nun „viele kleine Leute dran verdienen“.
„Die gebotenen Chancen zu nutzen und dabei das Privatleben und die Familie nicht aus den Augen zu verlieren“, ist die Lebensphilosophie der Familie Wild in Unterpleichfeld. Vor der Betriebsübergabe an seinen Sohn Rainer hatte Klaus Wild von Kühen, Bullen und Schweinen, Mähdruschfrüchten, Zuckerrüben und Kraut gelebt. Heute hat der Betrieb noch eine Schweinemast, Photovoltaikanlagen auf den Betriebsgebäuden, eine neue Biogasanlage, die auch für ein Nahwärmenetz in Burggrumbach genutzt wird und vor allem die Pilzzucht.

1996 ist Familie Wild in die Produktion von Speisepilzen eingestiegen. Mittlerweile kennen sie die Eigenschaften und Vorlieben ihrer Shii-Take-Pilze und Austernpilze bestens, die Arbeitstechnik sei ausgereift und die Vermarktung mit 95 Prozent über den Großhandel eingespielt. Die „gute, frische Qualität“ habe sich einen Namen gemacht. Rainer Wild denkt nun an die Produktion einer weiteren Speisepilz-Sorte, den Kräuterseitling.
Schlussziel der Landkreisbereisung war das Pflanzenzüchtungsunternehmen der KWS Saat AG in der Versuchsstation Seligenstadt. Dr. Carsten Stibbe, der Leiter dieser großen Zuchtstation, erläuterte den Sinn neuer Sortenentwicklungen, die Zuchtziele bei Winterweizen, Mais, Raps, Zuckerrüben und Co., verschiedene Züchtungsmethoden und der Notwendigkeit, widerstandsfähige, nährstoffeffizientere und qualitätsvolle Sorten zu entwickeln.

Bei einer Rundfahrt mit dem Bus über die Felder konnten die Teilnehmer die Versuchsparzellen oder Rapsisolierhäuser sehen und erfuhren von Dr. Stibbe die Dringlichkeit, „eine ganze Handvoll an Kulturpflanzen anzubauen, um die Fruchtfolge gut hinzukriegen“. In der Züchtungsarbeit sei die Entwicklung von Sorten für die Produktion von erneuerbaren Energien und die Anpassung an den Klimawandel wichtige Themen. Der „wertneutrale und ergebnisoffene Ansatz der landwirtschaftlichen Informationsfahrt“ ist laut Kreisobmann Herman Brell ein großer Pluspunkt. Von der Vielfalt heutiger Landwirtschaft, vom Elan und Unternehmermut waren die Teilnehmer der Fahrt fasziniert.

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