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30.11.2012

Praxistag des Bündnisses für Arbeit und Familie

Wie kann es gelingen, Arbeitszeit so zu gestalten, dass die Beschäftigten noch genug Zeit für ihre Familie haben? Dieser Frage gingen Unternehmer und Personalleiter beim 6. Praxistag des Bündnisses Familie und Arbeit in der Region Würzburg im Würzburger Landratsamt nach. Zu Beginn der Veranstaltung wurden mit der memo AG in Greußenheim, der Waldbüttelbrunner Firma Steinigke Showtechnik und der Blindeninstitutsstiftung drei neue Bündnismitglieder aufgenommen.
 
Ernst Röhner, Geschäftsführer der Abteilung Interner Service bei der Arbeitsagentur Würzburg, zeigte auf, wie Arbeitszeitmodelle im öffentlichen Dienst funktionieren können. Die Würzburger Behörde bietet zum Beispiel Langzeitarbeitskonten an, macht die Erledigung von Projekten via Telearbeit möglich und offeriert Qualifizierungsmaßnahmen in Teilzeit. Sehr individuell lassen sich die Arbeitszeiten laut Bernhard Wallrapp auch im Würzburger Landratsamt gestalten. Dass dennoch zu den Publikumszeiten immer jemand da ist, um Bauanträge oder andere Formulare entgegenzunehmen, dafür sorgen die Abteilungsleiter in Absprache mit ihren Mitarbeitern.
 
Die Möglichkeiten, Arbeitszeiten familienfreundlich zu gestalten, sind nahezu unbegrenzt, erfuhren die Teilnehmer des Praxistages. So wird bei der memo AG laut Pressesprecherin Claudia Silber nicht zeit-, sondern ergebnisorientiert gearbeitet. Weil Arbeitszeiten dadurch in hohem Maße individuell variiert werden können, ist die Fluktuation hier ebenso gering wie in der Würzburger Blindeninstitutsstiftung. Das dort praktizierte Geheimnis zur Mitarbeiterbindung heißt laut Personalrätin Margit Schmidt „Kommunikation und gutes Miteinander“. Konflikte durch kollidierende Arbeits- und Familienzeiten können direkt mit den Vorgesetzten besprochen werden.
 
Konsequent weiterentwickelt hat diese Idee das Rottendorfer Unternehmen s.Oliver. Vertrauensarbeitszeit wurde 2009 eingeführt, seitdem spielt es keine Rolle mehr, wie schnell oder langsam jemand arbeitet, wann ein Mitarbeiter kommt oder geht. Wichtig ist einzig, dass das jeweilige Produkt oder Projekt zum anvisierten Termin kalkulationsgerecht und den Wünschen des Kunden entsprechend fertig ist. Reinhold Werthmann, Personalmanager von s.Oliver, betont: „Dies führte bei uns zu einem extremen Motivationsschub. Vertrauensarbeitszeit ist rentabel, setzt aber ein Vertrauensverhältnis voraus“. Seine Aufforderung an alle Teilnehmer des Praxistages: „Vertrauen Sie Ihren Mitarbeitern“. Natürlich gab es zu Beginn auch die Sorge, dass Mitarbeiter die gewonnene Freiheit ausnutzen könnten und gerade  Führungskräfte mussten erst für diesen Gedanken gewonnen werden. Die Erfahrungen sind aber außerordentlich positiv.  „Wir sind auf dem richtigen Weg“, so Werthmann.
 
Dass die „Enttaktung“ des Lebens an Familien nicht spurlos vorübergeht, zeigte Professor Dr. Helmut Schneider vom Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik auf. Noch vor wenigen Jahren sei es zum Beispiel üblich gewesen, dass etwa um dieselbe Zeit Mittagspausen eingelegt oder Feierabend gemacht wurde. Dies gilt heute nicht mehr. Was es umso schwieriger macht, alle Familienmitglieder zu gemeinsamen Familienzeiten zusammenzubekommen. Dies erfordert flexible Arbeitszeitmodelle, die von den Beschäftigten mitbestimmt werden sollten. Schneiders Fazit: „Um Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erreichen, brauchen wir viel mehr Intelligenz.“

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