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13.11.2012

Systemtechnik Müller klagt über Mangel an Auszubildenden und Fachkräften

Bayernweit einzigartig ist die Betreuung von Schulabgängern durch den Landkreis Würzburg in einem differenzierten Beratungs- und Qualifizierungszentrum. Dennoch verzeichnen in erster Linie Handwerksbetriebe einen beinahe schon chronischen Mangel an Auszubildenden und Fachkräften. Leidvolle Erfahrungen hierzu schilderten die Inhaber der Firma Systemtechnik Müller in Eisingen gegenüber Landrat Eberhard Nuß und den Mitarbeitern der Stabsstelle im Landratsamt im Rahmen deren Betriebsbesichtigungen.
 
Die altbekannte Weisheit, wonach Handwerk goldenen Boden hat, scheint bei den Schulabgängern - nicht nur im Landkreis Würzburg - in Vergessenheit geraten zu sein. In dieser Auffassung bestätigt sehen sich unter anderem die beiden Geschäftsführer der Firma Systemtechnik Müller in Eisingen, Claudia Polik und Ernst Zimmermann. Deren mittelständisches Unternehmen wurde als reiner Elektrobetrieb 1966 von Poliks Vater Paul Müller gegründet. Handwerk aus einer Hand bietet das Unternehmen derzeit in den Geschäftsfeldern Kälte- und Klimatechnik, Elektrotechnik, Netzwerk- und IT-Technik, Kommunikationstechnik sowie Photovoltaik. Aktuell beschäftigt Müller Systemtechnik 52 Mitarbeiter, darunter 13 Auszubildende und einen Umschüler in den unterschiedlichsten Berufen mit dem Schwerpunkt Handwerk.
 
Genau dort liegt allerdings auch das Problem des etablierten Handwerksbetriebs: es mangelt chronisch an Fachkräften. Zudem suchen die Müller-Geschäftsführer beinahe schon händeringend nach Auszubildenden in den Berufen Bürokauffrau/mann, Mechatroniker im Bereich Kältetechnik und Elektrotechniker in der Energie- und Gebäudetechnik. Mit einem Qualifizierenden Hauptschulabschluss und guten Noten in Mathematik und Physik sind die Ausbildungsvoraussetzungen zu diesen Berufen nicht unüberwindlich. Bewährt haben sich für die Firmeninhaber Praktikas von Ausbildungsbewerbern. Darüber hinaus fördert das Unternehmen die duale berufliche Weiterbildung seiner Mitarbeiter, um sie langfristig an den Betrieb zu binden.
 
„Die Kehrseite einer erfreulich niedrigen Arbeitslosenquote im Landkreis von nur 2,5 Prozent“ kennt auch Landrat Eberhard Nuß: „aufgrund eines Teufelkreises mangelt es an Fachkräften“, bekennt Nuß. Jedoch fehlt es auch im Landkreis weniger an Ausbildungsplätzen als vielmehr an Auszubildenden. Die vermeintliche Ursache dafür nannte Erwin Pfeuffer vom Staatlichen Schulamt: „Noch mehr als bei den Bewerbern selbst stehen vor allem für deren Eltern bei der Berufswahl weniger die tatsächliche Eignung sondern Prestige, Status und Image eines Berufs im Vordergrund“. Einen weiteren Aspekt nannte Ralf Streller, Teamleiter Arbeitgeber-Service von der Agentur für Arbeit in Würzburg: „Vor allem muss die Jugend auch einen Handwerksberuf wollen“. Für Streller allerdings ist das momentane stiefmütterliche Klischee des Handwerks dadurch begründet, dass in der Region Würzburg 76 Prozent der Eltern im Dienstleistungssektor beschäftigt sind. „Das wiederum schlägt sich auf die Berufswahl der Kinder nieder“, bestätigte Streller.
 
Vergleichbare Erfahrungen bestätigten auch Rolf Lauer, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Unterfranken und Schulrat Erwin Pfeuffer. „Entweder die Kinder werden von deren Eltern bei der Berufsorientierung alleine gelassen, oder zu häufig von den Eltern in Berufe gezwängt, für die sie gar nicht geschaffen sind“, stellten Pfeuffer und Lauer übereinstimmend fest. Die Handwerkskammer Unterfranken jedenfalls will auch weiterhin an der Berufsorientierung durch die Betriebe festhalten und diese sogar noch verstärken, bekräftigte deren Hauptgeschäftsführer Rolf Lauer.