Seiteninhalt

04.04.2023

Barrierefreies Bauen im Fokus - Treffen der gemeindlichen Behindertenbeauftragten im Landkreis Würzburg

Viele Menschen können sich im Alltag nicht frei entfalten, weil sie daran gehindert werden. Oder „be-hindert“ werden, wie Ernst Joßberger, der Behindertenbeauftragte des Landkreises Würzburg betont. Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen scheitern zum Teil bereits an einer Treppe, einer zu schmalen Toilettentür oder – ganz banal – einer zu kleinen Schrift auf Hinweisschildern. „Das ist ein gesellschaftliches Problem, das es in allen öffentlichen Räumen anzugehen gilt“, machte Joßberger bei der jüngsten Versammlung der gemeindlichen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung des Landkreises Würzburg klar.

Verbesserungen für Menschen mit Einschränkungen sollten allerdings nicht nur diskutiert werden, sie müssen auch konkret umgesetzt werden. Joßberger hatte daher gleich zwei Unterstützungsangebote für die zahlreich erschienenen Vertreterinnen und Vertreter aus den Gemeinden vorbereitet: Zum einen eine Mustersatzung, mit der die Landkreisgemeinden den Einsatz der Behindertenbeauftragten rechtlich regeln und stärken können, und den Vortrag von Armin Kraus von der Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer zum Thema Barrierefreies Umbauen.

Anwesend waren neben den ehrenamtlichen Beauftragten für Menschen mit Behinderung auch Landrat Thomas Eberth, die stellvertretende Landrätin Christine Haupt-Kreutzer sowie einige Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der Landkreisgemeinden. Auch zwei Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für Menschen mit Behinderung der Stadt Würzburg beteiligten sich an dem Treffen.

Landrat Thomas Eberth zeigte sich erfreut darüber, dass das Thema Barrierefreiheit inzwischen in den Kommunen des Landkreises Würzburg mehr und mehr Beachtung finde. Eberth appellierte dabei, auch Seniorinnen und Senioren in die Überlegungen mit einzubeziehen. Barrierefreiheit sei ein Thema für alle Menschen – für manche früher, andere erst später. „Wir überaltern und das wissen wir“, merkte Eberth an. „Wenn wir barrierefrei, oder in weiten Teilen zumindest barrierearm leben können, dann tun wir schon viel dafür, dass alle Menschen lange selbstbestimmt und glücklich leben können.“

Barrierefreiheit nicht nur körperlich, sondern auch geistig wichtig

Wie soll man also das Leben in Städten und Gemeinden oder öffentliche Flächen in den Gemeinden künftig barrierefrei gestalten? Welchen Platz muss beispielsweise eine rollstuhlgerechte Toilette bieten? Auf ganz konkrete Fragen gab es auch ganz konkrete Antworten. Derzeit wird beispielsweise ein Türdurchgang von mindestens 90 Zentimetern empfohlen, zudem sei ein Wendeplatz von 1,50 Meter auf 1,50 Meter nötig, klärte Architekt Armin Kraus auf.

Kraus ist seit 2005 für die Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer tätig und referierte über die Vorgaben in der Bayerischen Bauordnung (BayBO Art. 48) sowie über rechtliche Grundlagen im Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetz (BayBGG). Das Landesgesetz liefere bereits viele Antworten auf die häufigsten Fragen, die sich etwa bei einem behindertengerechten Umbau stellen. Ganz unkompliziert stelle sich die Materie aber leider nicht dar: Alleine der Unterschied zwischen barrierefreier und rollstuhlgerechter Bauweise trieb dem einen oder anderen Zuhörer Runzeln auf die Stirn.

Kraus führte jedoch fachkundig durch das Thema und weitete dabei auch das Verständnis für verschiedene Arten von Einschränkung. Er gab zu bedenken, dass es bei Barrierefreiheit nicht nur um Menschen mit eingeschränkter Beweglichkeit gehe. Gut lesbare Schilder, einfache Sprache oder auch die Vorkehrungen für Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen müssten konsequenterweise ebenfalls mit bedacht werden.

Besuch im Musterhaus für barrierefreies Wohnen in Kürnach

Für großes Interesse hatte im Vorfeld das kürzlich vom Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg eröffnete Musterhaus für barrierefreies Wohnen in Kürnach gesorgt. Mit großer Mehrheit wurde für das nächste Treffen der kommunalen Behindertenbeauftragten am 11. Oktober 2023 ein Besuch vor Ort beschlossen.

Ernst Joßberger warb abschließend dafür, bei den Anstrengungen für Menschen mit Behinderung vor allem das Miteinander zu suchen. „Behindertenarbeit gelingt in den Gemeinden dann, wenn einerseits Menschen mit Behinderung auch wirklich einbezogen werden und sich andererseits alle Akteure gegenseitig unterstützen“, so Joßberger.