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22.03.2013

Haushaltsrede der SPD-Kreistagsfraktion

Volkmar Halbleib, MdL

Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion

Statement zur Verabschiedung des Kreishaushaltes 2013 am 22.03.2013

I. Vorgeschlagene Höhe der Kreisumlage wird Vorgaben nicht gerecht!

Art. 56 Abs. 2 Landkreisordnung schreibt vor, dass der Landkreis die zur Erfüllung seiner Aufgaben erforderlichen Einnahmen durch die Kreisumlage zu beschaffen hat, soweit die sonstigen Einnahmen nicht ausreichen.

Darin liegen drei klare Vorgaben für die Haushaltsaufstellung:
Es muss sich um Finanzierung von Aufgaben des Landkreises handeln.
Die Kreisumlage darf nur in dem Umfang erhoben werden, wie sie zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich!
Die Begründungs- und Beweispflicht, das zeigt das Wort „soweit“, liegt beim Landkreis.

Die SPD-Fraktion ist nach intensiver Prüfung klar zum Ergebnis gekommen, dass die jetzige Höhe der Kreisumlage nicht mehr diesen Vorgaben der Landkreisordnung gerecht wird und deshalb der Hebesatz der Kreisumlage gesenkt werden muss.

II. Gesamtschau der finanzpolitischen Eckdaten

Die Begründung ergibt sich aus den finanzpolitischen Eckdaten des Kreishaushaltes. Es ist keine politische Bewertung, sondern eine nüchterne Betrachtung der Daten und Fakten.

1. Überschuss der vergangenen Haushaltsjahre
• In den letzten 7 Jahren 2006-2012 belief sich der Überschuss des Verwaltungshaushaltes bzw. des Saldos aus laufender Verwaltungstätigkeit auf insgesamt 70 Millionen Euro.
Pro Haushaltsjahr waren die durchschnittlich 10 Millionen Euro Überschuss.
• Lassen Sie uns die 7 Jahre davor anschauen, die Jahre 1999 - 2005:
Da lag der Überschuss des Verwaltungshaushaltes insgesamt für 7 Jahre bei 12 Millionen €, pro Jahr als durchschnittlich bei 1,7 Millonen €.
• Das zeigt, das der Überschuss, finanziert zur Hälfte von den kreisangehörigen Gemeinden, in den letzten Jahren dramatisch nach oben gegangen ist, im Durchschnitt um das etwa sechsfache.
• Nach der letzten Senkung der Kreisumlage 2009 auf 46 Prozent hat sich an dieser gewaltigen Überschussituation nichts geändert.
Das Haushaltsjahr 2011 schloss mit 7,1 Millionen Überschuss ab, das Haushaltsjahr 2012 mit 6,9 Millionen €. In früheren Jahren hätte dieser Betrag dem Überschuss von vier Haushaltjahren entsprochen!
• Wenn man dann noch einbezieht, dass der Landkreis im Haushaltjahr 2012 eine Erhöhung der Bezirksumlage von 4,5 Millionen € finanzieren musste, trotzdem aber einen Überschuss von knapp 7 Millionen Euro erzielt hat, dann ist klar, dass eine Überprüfung der Kreisumlage nicht nur möglich und sinnvoll, sondern auch geboten ist.

2. Barreserve
Der Landkreis verfügt zum 31.12.2012 eine Barreserve von 20 Millionen Euro.
Allein damit liesen sich eigentlich die realistisch anstehenden Investitionen im Finanzplanungszeitraum bis 2016 allein aus der Barreserve finanzieren, das zeigt die Erfahrung mit den Investitionsplanungen aller 10 Haushaltsjahre, seitdem ich dem Kreistag angehöre.

3. Planmäßiger Überschuss für 2013
Der planmäßige Überschuss für 2013 beträgt 5,4 Millionen €.
Insgesamt für den Finanzplanungszeitraum bis 2016 12,4 Millionen Euro.

4. Unterschied zwischen Plan und Wirklichkeit (Überplanmäßiger Überschuss)
Wenn wir auf die Rechnungsergebnisse der vergangenen Jahre schauen, stellen wir fest, dass wir konstant hohe sogenannte überplanmässige Überschüsse erzielt haben:
Im Jahr 2012: 4,5 Millionen € - damit 100 % über Plan (Verdopplung)
Im Jahr 2011: 3,7 Millionen € - damit 110 % über Plan
Im Jahr 2010: 7,4 Millionen € - damit 195 % über Plan (Verdreifachung)
In den vergangenen 7 Jahren im Durchschnitt 4,4 Millionen € Überschuss, der bei der Berechnung der jeweiligen Kreisumlage überhaupt nicht berücksichtigt war. Ingesamt ein Betrag in Höhe von über 30 Millionen €.

Das sind keine Schwankungen der einzelnen Haushaltsjahre.
Das ist strukturbedingt durch das Aufstellungsverfahren des Landkreishaushaltes.
Und diese strukturellen Gründe führen dazu, dass wir auch am Ende dieses Haushaltsjahres 2013 einen sogenannten überplanmäßigen Überschuss in Millionen-Höhe erzielen werden.Das ist nicht mehr das Prinzip Hoffnung, nicht einmal das nüchterne Prinzip der Erfahrung, sondern schlicht und einfach das Ergebnis der Art und Weise der Haushaltsaufstellung im Landkreis.
Wenn in der Haushaltspraxis des Landkreises Würzburg die Ausnahme von hohen überplanmäßigen Millionen-Überschüssen die Regel werden, dann muss diese Regel auch bei der Festlegung der Kreisumlage berücksichtigt werden.

Aufgrund der Rechnungslegung der letzten sieben Jahre wäre ein Durchschnittsbetrag von 4,4 Millionen Euro anzusetzen.

5. Begründung für die Senkung des Hebesatzes der Kreisumlage
Wir wollen aber auf der sicheren Seite bleiben und nehmen den mit Abstand niedrigsten Betrag der letzten sieben Jahre, nämlich 2,48 Millionen Euro aus dem Jahr 2007.
Das ist auch der Betrag, dem wir unserem Vorschlag auf Senkung des Hebesatzes der Kreisumlage von 46 auf 44 Prozent zugrunde legen, also um 2,45 Millionen Euro.

Wir haben selbstverständlich auch die Rechnung auf den Finanzplanungszeitraum bis 2016 gemacht: Bei einer Barreserve von 20 Millionen, einem planmäßiger Überschuss von 12,4 Millionen und 10 Millionen für die regelmäßigen überplanmäßigen Überschüsse ergeben sich zusammen Einnahmen in Höhe 42,4 Millionen €.

Der Investitionsplan sieht Ausgaben von 30,5 Millionen Euro vor, die Schuldentilgung wird 7,1 Millionen betragen, zusammen ergibt das Ausgaben von 37,6 Millionen €. Unterm Strich also ein deutlich positives Ergebnis für den gesamten Finanzplanungszeitraum von 4,8 Millionen Euro.

Das heißt im Ergebnis nichts anderes:
Wir können ohne die Leistungskraft des Landkreises zu schwächen die Gemeinden im Landkreis Würzburg stärken.
Und was wir können, das müssen wir auch tun, weil sonst das Umlagesystem selbst in Frage gerät und weil uns dies die Landkreis-Ordnung auch klar vorgibt.

III. Für die Gemeinden bedeutet das

1. Für manche Gemeinden sind die finanziellen Spielräume lebensnotwendig.

2. Wir stärken damit aber alle Gemeinden. Wir wissen, dass die Aufgaben nicht weniger werden. Im Mittelpunkt stehen dabei
• die Kinderbetreuung
• energetische Sanierungen
• der Erhalt der Wege- und Straßen-Infrastruktur

3. Für die kleinen Gemeinden sind auch fünfstellige Beträge wichtig für Ihre freie Finanzspanne.

4. Umlagestarke Gemeinden können damit auch Angebote von zentraler Bedeutung vorhalten, die auch für Bürger der Nachbargemeinden wichtig sind (Bsp. Schwimmbäder in Höchberg, Veithhöchheim, Rottendorf, Gerbrunn).

5. Es ist auch volkswirtschaftlich aus Sicht der Förderung der regionalen Wirtschaft sinnvoll, weil die Gemeinden ihre finanziellen Möglichkeiten für Investitionen nutzen. Das ist im Übrigen auch der Wunsch der örtlichen IHK, wie bei der jüngsten Finanzausschuss-Sitzung deutlich wurde. Das wäre auch ein kleines Konjunkturprogramm. Es ist allemal besser Geld in der Region arbeiten zu lassen, als eine hohe Rücklage noch weiter aufzutürmen

IV. Für den Landkreis bedeutet das

• Wir könnten alle Projekte des Investitionsprogramms im Planungszeitraum realisieren.
Auch wenn wir wissen, dass wir sowohl bei den Förderschulen wie auch bei der Ortsumgehung Rimpar erst am Anfang einer Diskussion stehen und wir den Finanzplanungszeitraum brauchen werden, um alle offenen Fragen zu klären.

Alle wissen, dass die Ortsumgehung Rimpar ein planerisch und finanziell sehr ambitioniertes Straßenprojekt ist. Wir halten es aber für richtig, dass der Landkreis die Tür für eine Lösung auf macht und Rimpar eine Perspektive gibt.

Das gleiche gilt für die Förderschulen. Hier sind wir auf verlässliche Rahmenbedingungen seitens des Freistaates angewiesen und ich hoffe, dass wir unabhängig vom Ausgang der Landtagswahl zu einem breiten Konsens für die Frage der schulischen Inklusion kommen.

• Wir können die neuen Herausforderungen im Öffentlichen Personennahverkehr engagiert angehen und die bisherigen Ausgaben verdoppeln.

• Und wir können die vorgesehene Schuldentilgung ohne Einschränkung realisieren.

V. Zu Diskussion und Entscheidungsfindung

1. Die SPD-Fraktion hat nach gründlicher Analyse des Haushaltsentwurfs einen Vorschlag zur Senkung der Kreisumlage gemacht. Wir hatten uns in den Vorjahren stark auf inhaltliche Verbesserungen konzentriert und fast als einzige Fraktion zum Kreishaushalt stets Änderungsanträge vorgelegt. Viele Vorschläge davon wurden aufgegriffen und sind mittlerweile umgesetzt. Wir haben bei den Haushaltsberatungen in den Vorjahren aber stets auch darauf hingewiesen, dass die finanzielle Balance zwischen Gemeinden und Landkreis nicht in Schieflage geraten darf. Dieser Punkt ist für uns aber erreicht und deshalb führen wir die Haushaltsberatungen mit diesem Schwerpunkt.

2. Hier kann man eine andere Einschätzung haben. Ich hätte mir aber gewünscht, dass man dann die Diskussion in der Sache sucht und auch mit sachlichen Argumenten führt. Herr Landrat, ich habe das Notwendige zu Ihrer Stellungnahme in der Kreisausschuss-Sitzung und in einem persönlichen Gespräch gesagt. Ich glaube, Sie haben mich verstanden.
Bei anderen, die sich zu unseren Vorschlag so flott und so forsch geäußert haben, wäre ich schon dankbar, wenn auch nur im Ansatz irgendwie erkennbar wäre, dass Sie sich einmal näher mit dem Kreishaushalt befasst hätten.
Unser Vorschlag ist realistisch, weil er auf die unverkennbaren Realitäten des Kreishaushaltes bezogen ist. Es ist auch solide, weil er sorgfältig gerechnet ist und sowohl Investitionen wie die Schuldentilgung einbezieht.
Also: Wir haben viel gehört zu unserem Vorschlag, aber begründeten Zweifel an den Daten und Fakten, der ihm zugrunde liegt nicht!

3. Für uns die Frage, ob der Finanzierungsbeitrag der Gemeinden am Landkreis überdehnt wird, nicht irgendeine Frage, sondern eine mit grundsätzlicher Bedeutung.
Kollege Ländner hat im Kreisaussschuss ausgeführt: „Wenn uns die SPD zeigt, wie wir die Kreisumlage senken und unsere Investitionen beibehalten können, sind wir sofort dabei.“ Diesen Beleg haben wir geführt. Der Weg für eine Senkung der Kreisumlage sollte damit für alle offen sein.

Ich habe am Montag beim Fraktionssprecher-Gespräch deutlich gemacht, dass wir selbstverständlich zu einem Kompromiss bereit sind und uns wie bisher auch in den Folgejahren immer der Gesamtverantwortung für den Landkreis stellen.

Wir erwarten aber, dass heute ein klares Signal beschlossen wird, dass wir den Gemeinden etwas von der finanziellen Last nehmen, die vom Landkreis nicht benötigt wird. Und ein Zeichen dafür, dass wir auch die kreisangehörigen Gemeinden von den auf Bundesebene erkämpften Entlastungen bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung teilhaben lassen.