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27.09.2013

Schneide Bäume für Gardinenwäsche

forum ehrenamt“ informiert über Senioren- und Sozialgenossenschaften

Auch weit jenseits des sechzigsten Lebensjahres kann man fit und für andere aktiv sein: Längst sind es nicht nur die „Silver Ager“, die sich bürgerschaftlich einbringen. So gibt es inzwischen zahlreiche Menschen mit 85 Jahren und darüber, die sich in Seniorengenossenschaften engagieren.

Was Senioren- und Sozialgenossenschaften sind und welche Felder sie beackern, darüber informierte das „forum ehrenamt“ des Landkreises Würzburg am letzten Dienstag vor rund 75 Teilnehmern im Landratsamt.

Mancher siebzigjährige Witwer hat reichlich Routine im Garten, er schneidet Bäume fachgerecht und weiß, wann man welches Gemüse wie pflanzt – und Holz hacken kann er auch. „Dafür braucht er Hilfe, um Gardinen zu waschen oder Fenster zu putzen“, schilderte Bianca Fischer-Kilian von der „Seniorengemeinschaft Kronach Stadt und Land“. Diese Hilfe erhält der Witwer als Gegenleistung für seinen gärtnerischen Einsatz bei der von ihr gegründeten Organisation. Die Kronacher Seniorengemeinschaft war schon oft ein Notanker in schwierigen Situationen. Sie springt laut Fischer-Kilian immer dann ein, wenn es niemand Professionelles gibt, der älteren Menschen einen bestimmten Dienst anbietet. Dazu gehört die Begleitung einer Seniorin mit Rollator zum Gottesdienst ebenso wie der Handgriff im Garten.

Seniorengenossenschaften machen ernst mit der Prämisse, dass ältere Menschen ein Recht auf Selbstbestimmung und aktive Bürgerschaft haben. In Riedlingen wird dieser Grundsatz bereits seit 1991 mit Leben erfüllt. Neun Genossenschaften gingen damals als Landesmodelle in Baden-Württemberg an den Start. Mit Riedlingen gibt es nur noch eine einzige, die bis heute gut funktioniert. Warum? Für Vorstand Josef Martin liegt das daran, dass die von der Seniorengenossenschaft angebotenen und abgerufenen Dienstleistungen etwas kosten. Das schaffe Verbindlichkeit und komme der Einstellung älterer Menschen entgegen. Die möchten keine reinen Almosen empfangen.

Genau diese Botschaft sei auch bei ihren Untersuchungen klar rübergekommen, bestätigte Doris Rosenkranz aus Nürnberg, Inhaberin der deutschlandweit einzigen Professur für bürgerschaftliches Engagement. Die Analysen der Professorin ergaben außerdem: „Seniorengenossenschaften, die über Geld abrechnen, funktionieren am besten.“

Wobei sich die Frage stellt, ob jemand, der sich eine Stunde lang um die Tomaten und den Kohl in Nachbars Garten kümmert, denselben Stundenlohn bekommen soll wie ein Genosse, der eine Stunde Haare wäscht, schneidet und föhnt. Aber dieses Problem haben alle Genossenschaften. Egal, ob sie über Geld abrechnen, mit Zeit- oder Punktekonten arbeiten. Für welches System man sich letztlich entscheidet, hängt Rosenkranz zufolge sehr stark davon an, in welchen Feldern eine Seniorengenossenschaft aktiv ist: „Wer sich um Demenzerkrankte kümmert, muss darauf achten, dass Geldleistungen fließen.“

Dabei stimmt der Vorwurf, dass dadurch das Tor zur Kommerzialität geöffnet wird und etablierten Unternehmen oder sozialen Organisationen Konkurrenz erwachsen kann. Rosenkranz räumt ein: „Eine Genossenschaft im Saarland betreibt einen Bürgerbus. Der fährt einmal in der Woche. Aus Sicht der Taxigenossenschaft ist das natürlich nicht so erbaulich.“ Doch auch mit diesen Konflikten kann man geschickt umgehen, legte Fischer-Kilian dar. Ihre Kronacher Seniorengemeinschaft kooperiert mit Wohlfahrts- und Sozialverbänden. Und spricht zum Teil einzelne Dienstleistungen konkret mit professionellen Erbringern ab – Gartenarbeiten etwa oder pflegerische Hilfen.

Ob nun eine Sozial- oder Seniorengenossenschaft eine nachhaltige Idee zur wohnortnahen Selbsthilfe im ländlichen Raum ist, wollte die Servicestelle Ehrenamt als Veranstalter in Zusammenarbeit mit der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm nachgehen. Als neues Koordinationszentrum für bürgerschaftliches Engagement bieten Hermann Gabel als Leiter sowie die Mitarbeiter Carsten Hackel und Kerstin Gressel verschiedene Veranstaltungen rund ums Ehrenamt und zum Sozialgefüge in ländlichen Räumen an.

Die Sozialgenossenschaft ist dabei ein Modell unter vielen, das helfen  kann, dass die Lebensqualität von allein erziehenden Eltern, behinderten Menschen, Familien in Not oder Senioren mit diversen Hilfebedarfen erhalten, verbessert oder ausgebaut werden kann.

Nähere Informationen bei der Servicestelle Ehrenamt im Landratsamt Würzburg, Carsten Hackel/Kerstin Gressel, Tel. 0931 8003-448 oder Mail: ehrenamt@lra-wue.bayern.de 

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