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24.10.2023

Synagoge aus Allersheim steht im Freilandmuseum Bad Windsheim - Große Freude am Eröffnungstag über ein wiederbelebtes Denkmal des fränkischen Landjudentums

Die Synagoge aus Allersheim wurde 1742 erbaut. Von außen mutet sie wie ein gewöhnliches Bauernhaus an, wie es wohl in dem kleinen Ortsteil des Marktes Giebelstadt im Landkreis Würzburg typisch gewesen ist. Mehr als 100 Jahre lang diente das Gebäude allerdings als Wohnhaus des örtlichen Rabbiners, als Versammlungsort für Gottesdienste und mit der Mikwe auch als Ort des jüdischen Ritualbads. Sie gilt als ein wichtiges Zeugnis des Landjudentums und der fränkischen Kulturgeschichte.

Gut 280 Jahre nach ihrer Entstehung ist die Synagoge aus Allersheim nun – dokumentiert abgetragen und unter teilweiser Verwendung des historischen Baumaterials restauriert und wiedererrichtet – im Fränkischen Freilandmuseum in Bad Windsheim zu neuem Leben erwacht. Das Wissen, das während des Auf- und Abbaus aus dem Bauwerk selbst und einer Vielzahl Archiven erarbeitet wurde, ist modern und anschaulich aufbereitet. Rituelle Gepflogenheiten, aber auch das Leben im Allersheimer Alltag des 18. Jahrhunderts, jüdische Speisevorschriften oder die Nutzung der Mikwe können dort nachempfunden werden. In der Dauerausstellung werden außerdem Biografien zahlreicher Bürgerinnen und Bürger aus Allersheim erzählt.

Zur feierlichen Eröffnung des historischen Gebäudes waren daher Ehrengäste aus Kultur, Wissenschaft sowie Landes- und Bundespolitik gekommen. Bezirkstagspräsident Armin Kroder hieß im Namen des Bezirks Mittelfranken, des Trägers des Freilandmuseums, unter anderem den Präsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland Dr. Josef Schuster, den Antisemitismusbeauftragten der Bayerischen Staatsregierung Ludwig Spaenle, Nachfahren des letzten Allersheimer Rabbiners Nathaniel Daniel Weisbart und Persönlichkeiten aus Wissenschaft sowie Landes- und Bundespolitik willkommen. Landrat Thomas Eberth, Giebelstadts Bürgermeister Helmut Krämer sowie einige Bürgerinnen und Bürger von Allersheim waren aus dem Landkreis Würzburg angereist.

Arbeit um Synagoge aus Allersheim hat „Maßstäbe gesetzt“

Zentralratspräsident Dr. Josef Schuster lobte die an dem Projekt Beteiligten über alle Maßen. Der Bezirk Mittelfranken betreibe mit dem Freilandmuseum eine außergewöhnliche Ausstellung, hier sei die Arbeit von wahren Experten zu erkennen, so Schuster. Bei der Erstellung der Synagoge aus Allersheim im Besonderen hätten Museum, Behörden und alle weiteren Beteiligten Maßstäbe gesetzt.

Dass sich eine Synagoge in einer kleinen Gemeinde wie Allersheim befunden habe, sei als Ausdruck von Gemeinsamkeit zu werten, deutete Schuster weiter. Die Synagoge sei in der ländlichen Bevölkerung der damaligen Zeit nicht fremd gewesen. Ganz im Gegenteil: Sie sei der Beweis dafür, dass Juden und Christen im selbstverständlichen Miteinander gelebt hätten. Mit der katholischen Kapelle aus Rodheim (Gemeinde Oberickelsheim, Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Wundsheim) im Ochsenfurter Gau, der protestantischen Spitalkirche im Stadtgebiet Windsheim und der Synagoge aus Allersheim seien nun die großen religiösen Bestandteile des fränkischen Landlebens in Bad Windsheim miteinander vereint, schloss Josef Schuster.

Bürgermeister und Landrat: „Das Ergebnis ist überwältigend!“

Bürgermeister Helmut Krämer würdigte vor allem die Arbeit und Unterstützung von Hans-Christof Haas vom Landesamt für Denkmalpflege. Ohne dessen akribische Recherche an dem historischen Gemäuer wäre ein Wiederaufbau nicht möglich gewesen. Die Synagoge an ihrem Entstehungsort Allersheim wiederzubeleben und thematisch eventuell mit dem nahegelegenen Friedhof zu verknüpfen, sei leider ein „frommer Wunsch“ gewesen. „Das Ergebnis ist überwältigend und macht mich auch ein wenig stolz“, resümierte Krämer. Er wünsche sich, dass durch diesen kulturellen Beitrag noch mehr Besucher in das Freilandmuseum nach Bad Windsheim kommen und sich die Akzeptanz und Verständnis für die jüdische Kultur und das Leben vergrößern.

Auch Landrat Thomas Eberth ist hoch erfreut darüber, dass die Synagoge Allersheim als wichtiges kulturhistorisches Zeugnis erhalten bleibt. „Jüdisches Leben ist seit vielen Jahrhunderten ein fester Bestandteil unserer Region, unserer Kultur, unserer fränkischen Heimat. Mit der Synagoge Allersheim wurde dieses Wissen nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Gerade in einer Zeit, in der Judenhass wieder aufkeimt, in der Krieg und Terror in Israel herrschen, halte ich das für ein außerordentlich wichtiges Zeichen der Solidarität.“

Die Allersheimer Synagoge

Die Synagoge im Giebelstädter Ortsteil Allersheim wurde 1742/43 erbaut. Mehr als 100 Jahre lang diente sie als Wohnhaus des Rabbiners und dessen Familie, als Versammlungsort für Gottesdienste und mit der Mikwe auch als Ort des jüdischen Ritualbads. Die jüdische Gemeinde stellte zu Hochzeiten fast ein Drittel der Bewohner von Allersheim, löste sich ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts jedoch auf. Ab 1911 befand sich die Synagoge in bäuerlichem Besitz. Zuletzt stand das Gebäude leer und war stark baufällig.

Nachdem vor Ort keine Erhaltungsperspektive für das Gebäude bestand, fanden 2011 erste Gespräche über eine mögliche Translozierung nach Bad Windsheim statt – mit Erfolg. In den Jahren 2014/15 wurde das Gebäude abgetragen, im Jahr 2020 begann der Wiederaufbau der Synagoge im Fränkischen Freilandmuseum Bad Windsheim. Gründe für die Übernahme waren ihr Seltenheitswert und ihre große historische Aussagekraft zum typischen Raumprogramm einer Landsynagoge.

Den Hauptanteil der Kosten für das Projekt trug mit rund 1,1 Millionen Euro der Bezirk Mittelfranken. Der Landkreis Würzburg, der Bezirk Unterfranken, der Markt Giebelstadt und private Spender beteiligten sich an den Kosten. Hintergründe zur Allersheimer Landsynagoge, zum jüdischen Leben in Allersheim und den Biografien früherer Einwohner sind unter www.freilandmuseum.de zu finden.

Impressionen vom Tag der Eröffnung